Rheinpfalz „Ökonomischer und ökologischer Unsinn“

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen nutzt für Kammer- und Gütetermine bisher Gerichtssäle im Neustadter Justizzentrum.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen nutzt für Kammer- und Gütetermine bisher Gerichtssäle im Neustadter Justizzentrum.

«Neustadt.» Ein Entwurf des Justizministeriums sieht vor, dass das Arbeitsgericht Ludwigshafen keine Sitzungen mehr in Neustadt abhält und die Prozessbeteiligten an den Rhein fahren müssen. Der Anwaltsverein kritisiert das scharf. Aus Mainz heißt es: Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

„Warum finden Anhörungen statt, wenn alle Beteiligten sich dagegen aussprechen, die Argumente verhallen und an den Plänen festgehalten wird?“ Das fragt sich Klaus Friedrich, der Vorsitzende des Anwaltsvereins Neustadt. Unternehmerverbände, Gewerkschaften und Kommunen hätte sich gegen eine Streichung der Gerichtstage ausgesprochen – und das Land halte unbeirrt an seinem Plan fest. Justizminister Herbert Mertin (FDP) will zehn der landesweit insgesamt 14 Gerichtstage streichen. Er beruft sich dabei auf eine Forderung des rheinland-pfälzischen Landesrechnungshofs und den Bericht einer vom Ministerium eingesetzten Expertenkommission, die sich dafür aussprach, die zwei pfälzischen Arbeitsgerichtsstandorte Ludwigshafen und Kaiserslautern sowie ihre auswärtigen Kammern Landau und Pirmasens zu erhalten, dafür aber die Gerichtstage in Neustadt und Zweibrücken zu streichen. 2015 behandelte das Arbeitsgericht 379 Fälle in Neustadt, 2016 waren es 485. Die Fallzahlen für das laufende Jahr liegen noch nicht vor. Ministeriumssprecher Christoph Burmeister bezeichnet den neuen Entwurf, der aus dem Mai stammt, als Diskussionsgrundlage. Die Anhörung sei abgeschlossen und werde nun ausgewertet. Die Entscheidung falle im ersten Halbjahr 2018. Rechtsanwalt Klaus Friedrich nennt die Pläne aus der Landeshauptstadt „ökonomischen und ökologischen Unsinn“. Damit ein Richter oder eine Richterin nicht von Ludwigshafen nach Neustadt fahren müsse, sollten Kläger, Beklagte und ihre Anwälte alle nach Ludwigshafen fahren. Dort gebe es in der Innenstadt kaum Parkplätze und durch die Hochstraßensanierung auch bald kein Durchkommen mehr. „Und wer Prozesskostenhilfe bekommt, stellt das dann dem Land auch in Rechnung“, zweifelt Friedrich den Spareffekt massiv an. Zuweilen hätten die Richter nach Neustadt sogar noch kürzere Anfahrtswege als nach Ludwigshafen, weil sie von ihrem Wohnort aus starten könnten. Wenn die Reform umgesetzt wird, befürchtet Friedrich auch, dass vier oder fünf Richter für die Neustadter Fälle zuständig seien: „Ein Richter, der seine Pappenheimer auf Kläger und Beklagtenseite kennt, kann ganz anders agieren und arbeitet somit ökonomischer.“ Matthias Frey, Direktor des Amtsgerichts und damit Hausherr des Justizzentrums in der Robert-Stolz-Straße, will sich als Vertreter der Justiz zu der Diskussion nicht äußern. Als Neustadter FDP-Vorsitzender, der im Februar die Resolution des Stadtrats zum Erhalt der Gerichtstage in Neustadt mit initiierte, und als Parteifreund von Justizminister Herbert Mertin sagt er: „Ich bin nicht gänzlich hoffnungslos, dass wir das noch abwenden können und die Gerichtstage bleiben.“ Auch der Stadtrat von Zweibrücken hat – wie gestern auf unserer „Südwest“-Seite berichtet – am Mittwochabend eine Resolution für den Erhalt der Gerichtstage in der Stadt verabschiedet.

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