Rheinland-Pfalz Vor schwieriger Regierungsbildung?

91-76326630.jpg

MAINZ. Malu Dreyer will sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Umfragewerte ihrer Landes-SPD sind seit Monaten bescheiden. Es muss schon verdammt gut laufen für die Sozialdemokraten, wollen sie bei der Landtagswahl am 13. März ihre Position als stärkste politische Kraft verteidigen. Roger Lewentz hält es deshalb gerne mit seinem politischen Ziehvater und Vorgänger im Amt des SPD-Landesvorsitzenden, Kurt Beck, und sagt: „Die Hühner werden am Abend gezählt.“ Auch Julia Klöckner gibt sich gerne lässig in den Tagen des Jahreswechsels: „Ich bin völlig entspannt.“ Der CDU-Spitzenkandidatin verheißen die jüngsten Umfragen gute Chancen, mit ihrer Partei die SPD deutlich hinter sich zu lassen. Eine stabile Mehrheit nach Klöckners Geschmack ist allerdings nach derzeitiger Stimmungslage eher unwahrscheinlich. Am 13. März werden erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zwei Frauen um das Amt der Regierungschefin eines Bundeslandes kämpfen. Für beide geht es um viel. Malu Dreyer beerbte vor knapp drei Jahren Kurt Beck als Ministerpräsidentin. Die frühere Sozialministerin hat nach ihrem Amtsantritt rasch gute Sympathiewerte beim Wahlvolk erreicht. Inzwischen gibt sie gerne die Landesmutter. Jetzt muss Dreyer beweisen, dass sie als Spitzenkandidatin Landtagswahlen gewinnen kann. Das würde sie gerne zusammen mit den Grünen, um die seit 2011 regierende rot-grüne Koalition fortsetzen zu können. Als Newcomerin in der Landespolitik ist Julia Klöckner bei der Wahl 2011 nur knapp hinter Kurt Becks SPD durchs Ziel gegangen. Seitdem ist es ihr gelungen, die rheinland-pfälzische CDU und deren Landtagsfraktion schlagkräftig aufzustellen. Inzwischen lässt sich Klöckner gerne auch als heimlicher Star der Bundes-CDU mit Potenzial für die Zeit nach Angela Merkel feiern. Doch dazu müsste erst einmal ein Sieg auf Landesebene her. Klöckner will mit ihrer CDU stärkste Partei im Land werden und am liebsten zusammen mit der FDP regieren. Doch nach den jüngsten Stimmungstest ist es gleichermaßen fraglich, ob Dreyers oder Klöckners Wünsche in Erfüllung gehen werden. Die CDU ist seit Monaten bei allen Umfragen mit Werten um 40 Prozent die mit Abstand stärkste Kraft im Land – auch beim RHEINPFALZ-Trend, der landespolitischen Umfrage der RHEINPFALZ, waren es im November 40 Prozent. Gleichzeitig dümpelt die SPD stets bei Werten oberhalb 30 Prozent (RHEINPFALZ-Trend im November: 33 Prozent; Politrend des SWR im Dezember: 31 Prozent). Die Grünen lagen zuletzt bei neun Prozent. Weiterhin auf ihre Rückkehr ins Landesparlament hoffen darf die FDP. Sie erhielt bei der „Sonntagsfrage“ zuletzt fünf Prozent Zuspruch. Fraglich ist, ob die Linken den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen werden. Hingegen zugenommen haben die Chancen der rechtskonservativen Partei AfD (RHEINPFALZ-Trend: 5 Prozent; SWR-Politrend: 7 Prozent). Fazit: Nach derzeitiger Stimmungslage im Land ist es nicht unwahrscheinlich, dass am Abend des 13. März weder Rot-Grün noch CDU und FDP eine Regierungsmehrheit haben werden. Je mehr Parteien neben SPD, CDU und Grünen in den neuen Landtag einziehen, desto schwieriger dürften Koalitionsgespräche werden. Die nach heutiger Perspektive denkbaren Koalitionen: • Rot-Grün: Es ist das erklärte Ziel von SPD und Grünen, ihre Zusammenarbeit fortzusetzen. Bisher hat die Koalition gut funktioniert, Übereinstimmungen gibt es zum Beispiel in der Bildungspolitik. Bestehende Unterschiede, wie etwa in der Verkehrspolitik wurden erfolgreich ausgeklammert. Um die Nase wieder vorne zu haben, muss aber vor allem die SPD bis März noch gewaltig zulegen. •Schwarz-Gelb: CDU und FDP betonen, jede kämpfe für sich alleine um die Gunst der Wähler. Beide Parteien machen aber auch keinen Hehl daraus, dass sie eine Koalition zwischen CDU und FDP bevorzugen würden. Gemeinsamkeiten gibt es reichlich. In der Wirtschafts- und Verkehrspolitik zum Beispiel würde Schwarz-Gelb rasch zusammenfinden. Selbst wenn die FDP knapp über fünf Prozent der Stimmen käme, wäre eine schwarz-gelbe Mehrheit alles andere als sicher. •Schwarz-Grün: Dafür könnte es aus derzeitiger Sicht schon eher reichen. Allerdings müssten CDU und Grüne sich weit bewegen, um am Ende zusammenzufinden. Große Meinungsunterschiede gibt es zum Beispiel bei der Energiepolitik oder bei der Verkehrspolitik. Zudem ist die Stimmung zwischen beiden Parteien nicht gerade die Beste. Die Grünen haben Klöckner wiederholt des Rechtspopulismus geziehen. Die CDU-Chefin ihrerseits hat die Grünen jüngst mit der Ankündigung auf die Palme gebracht, das Geld für den neuen Nationalpark Hunsrück-Hochwald zusammenstreichen zu wollen. Allerdings sind sowohl Julia Klöckner als auch Grünen-Spitzenkandidatin Eveline Lemke politisch flexibel. •Große Koalition: Säßen fünf oder gar sechs Parteien im neuen Landtag, könnte die Große Koalition rasch zur Option werden. CDU und SPD weisen solche Gedanken derzeit weit von sich, aber die Realität der Mehrheitsverhältnisse könnte dies nach dem 13. März schnell ändern. Gemeinsamkeiten gibt es viele. In der Verkehrs- oder Wirtschaftspolitik würde sich Schwarz-Rot wohl rasch zusammenraufen, schwieriger wäre es wahrscheinlich beim Thema Bildung. Die größte Hürde für eine Große Koalition: Aus heutiger Sicht würde diese wohl von Julia Klöckner als Ministerpräsidentin geführt. Die SPD müsste nach 25 Jahren in der Regierung in die zweite Reihe zurück und Klöckner zur Ministerpräsidentin wählen. Und für die CDU-Frau würde es ganz schwer, den von ihr geforderten politischen Neustart glaubhaft in die Tat umzusetzen. •Auch andere Koalitionen sind zumindest theoretisch denkbar so könnten sich CDU oder SPD jeweils mit den Grünen und der FDP zusammenfinden. Ein Zuckerschlecken würde das allerdings nicht. Zu weit sind Grüne und FDP zum Beispiel bei der Flüchtlings- oder der Energiepolitik auseinander. Eine Zusammenarbeit mit der rechten AfD hat die CDU ausdrücklich ausgeschlossen, die SPD allerdings nicht eine theoretisch denkbare Koalition unter Beteiligung der Linken. Doch zunächst wird der Wähler entscheiden, welche Parteien wirklich im neuen Landtag vertreten sein werden. Ab den kommenden Wochen wird der Wahlkampf an Fahrt gewinnen, und am Aschermittwoch in seine heiße Phase gehen.

91-76326631.jpg
x