Rheinland-Pfalz Völklinger Meeresfische kein guter Fang

VÖLKLINGEN (cps). Edelfische wie Wolfsbarsch, Dorade und Stör vom Land, aus riesigen Becken einer Salzwasserzuchtanlage auf ehemaligem Kokerei-Grund. Das war eine Idee des Strukturwandels an der Saar. Das Problem: Ein halbes Jahr nach Beginn des Fischverkaufs steuert das einer Fata Morgana gleichende kommunale Projekt der Stadt Völklingen auf die Pleite zu. Der Geschäftsführer wurde geschasst.

Gut 70 Tonnen schlachtreifer Edelfische, ein Drittel der geplanten Jahresausbeute der 20 Millionen Euro teuren Anlage, tummeln sich in den Becken. Nur: Sie sollten es schon längst nicht mehr. Sie sollten in Bratpfannen und auf Sushitellern liegen. Doch seit an Karfreitag der Verkauf begann, konnten über zwei Händler und einen Fabrikverkauf nur 20 Tonnen an den Mann gebracht werden. Statt Gewinn wird die Meeresfischzucht Völklingen GmbH (MFV) bis Ende des Jahres wohl drei Millionen Euro Verlust machen. Ohne Aussicht auf Besserung. „In letzter Konsequenz kann eine Schließung besser sein als ein Weiterbetrieb“, sagt Wolfgang Bintz. Der Völklinger Bürgermeister wurde diese Woche als Interimsgeschäftsführer der MFV und ihrer „Mutter“, der Stadtwerke Völklingen, eingesetzt. Notgedrungen. Der Rat der viertgrößten Stadt im Saarland hatte zuvor die fristlose Kündigung von Geschäftsführer Jochen Dahm veranlasst. Dahm, vor seinem Wechsel 2008 an die Spitze des kommunalen Unternehmens selbst Völklinger Bürgermeister und Rechtsanwalt, hat die Meeresfischzucht und mit ihr die Stadtwerke an den Rand der Insolvenz geführt. Im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler war die Völklinger Fischzucht Dauerthema. Das „Steuergrab“ hat laut Aufsichtsräten folgende Dimension: Neben den seit 2009 aufgelaufenen Baukosten von 20 Millionen Euro sind bis jetzt Anlauf- und Betriebskostenverluste von sechs Millionen Euro dazugekommen. Der Wirtschaftsplan geht von weiteren 8,5 Millionen Euro aus. Der „Macher“ der MFV wurde gegangen, die Probleme bleiben. Bürgermeister Bintz beschreibt sie so: „Der Fisch ist gut. Alles andere mies.“ Der ehemalige Geschäftsführer, der bis zuletzt die Rückendeckung von CDU-Parteifreund Klaus Lorig, dem Oberbürgermeister, hatte, bekam schlicht den Verkauf nicht auf die Reihe: nicht den der Fische und auch nicht den von Gesellschafter-Anteilen der MFV GmbH. Er wusste aber das Unvermögen bis zuletzt zu verschleiern. Wiederholt war die Privatisierung als unmittelbar bevorstehend von Dahm vermeldet worden. Doch jetzt stellt es sich so dar, „dass wir keinen Partner haben“, sagt Interims-Geschäftsführer Bintz. Die Stadtwerke – und damit die ohnehin hoch verschuldete Stadt Völklingen – haften allein für das Konversionsprojekt. Das alles wurde erst aufgedeckt, als sich nach der Kommunalwahl im Mai die Mehrheitsverhältnisse im Völklinger Stadtrat verschoben, die CDU ihre Mehrheit verlor und Dahm die Rückendeckung. SPD und Linke zwangen den Geschäftsführer der eigenen Stadtwerke, erstmals Wirtschaftspläne vorzulegen. Mit dem alarmierenden Ergebnis, dass sowohl die MFV als auch die Stadtwerke unmittelbar vor der Pleite stehen. Laut Bintz kann eine Insolvenz der Werke nur abgewendet werden, weil andere städtische Töchter noch solvent sind und aushelfen. Die Stadt muss nun dringend einen erfahrenen Vermarkter anheuern, der den Völklinger „Kaviar vom Koks“ in die Verkaufstheken bringt – und die Kasse flüssigmacht. „Wir sind in Gesprächen“, sagt Bürgermeister Bintz. Gelingt der Fischzug nicht, gehen Völklingens Träume von den Meeresfischen an Land endgültig baden. Und Millionen Euro aus den Taschen der Bürger ebenso.

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