Deutsche Bahn Was die Schlichter bei der Bahn empfehlen

Das Schlichter-Duo Thomas de Maiziére und Heide Pfarr.
Das Schlichter-Duo Thomas de Maiziére und Heide Pfarr.

Nach neun Tagen Schlichtung haben die Vermittler im Bahn-Tarifkonflikt einen Vorschlag unterbreitet. Nun müssen Deutsche Bahn und EVG entscheiden, ob sie ihn annehmen.

Im Schlichtungsverfahren über neue Tarife bei der Deutschen Bahn (DB) haben die Vermittler – Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr (SPD) und der frühere Verteidigungs- und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) – einen Kompromissvorschlag präsentiert.

Der Vorschlag im Detail
Konkret haben die beiden Schlichter eine stufenweise Erhöhung der Entgelte um 410 Euro vorgeschlagen. Die erste Stufe in Höhe von 200 Euro soll noch im Dezember dieses Jahres kommen, die zweite im August 2024. Außerdem soll es im Oktober eine Einmalzahlung in Höhe von 2850 Euro geben. Als Laufzeit schlagen Pfarr und de Maizière 25 Monate vor. Hinzu kommen strukturelle Entgelterhöhungen für bestimmte Berufsgruppen. Laut EVG könnten damit rund 70.000 Beschäftigte pro Monat noch einmal 100 Euro zusätzlich erhalten.

Wie es nun weitergeht
Über den Vorschlag müssen beide Seiten in ihren Gremien entscheiden. Bei der Bahn gilt die Zustimmung als Formsache. Bei der EVG ist es komplizierter. Am Freitag soll der Bundesvorstand eine Empfehlung abgeben, ob die EVG den Schlichterspruch akzeptiert oder nicht. Dann sind die 180.000 Bahn-Beschäftigten aufgerufen, über den Kompromissvorschlag abzustimmen. Um das Votum des Bundesvorstands zu überstimmen, brauchen die Mitglieder eine Dreiviertelmehrheit. Die Urabstimmung ist bis Ende August angesetzt.

Was das für die Fahrgäste bedeutet
Für Fahrgäste ändert sich mit der Schlichtungsempfehlung erst einmal nichts. Die EVG hat Warnstreiks für die Dauer der Urabstimmung, also bis Ende August, zunächst ausgeschlossen. Der Beschluss des Bundesvorstands dürfte die weitere Richtung vorgeben. Stimmen er und die Mitglieder zu, gibt es eine Tariflösung, und Reisende müssen auch über den August hinaus keine Ausstände mehr befürchten. Stimmt die EVG gegen den Vorschlag, sind ab Ende August unbefristete Streiks bei der Deutschen Bahn möglich.

Die Bewertungen
Laut EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch erhalten bei Annahme der Schlichtungsempfehlung fast alle Beschäftigten eine zweistellige Entgelterhöhung. Eine solche Steigerung habe es „in dieser Größenordnung in Deutschland seit Jahrzehnten“ nicht gegeben. Man habe sich zudem entschieden, die zunächst abgelehnte Inflationsausgleichsprämie zu akzeptieren, weil die Mitarbeiter „schnell Geld“ brauchten.

Laut Loroch erhöht sich das Gehalt eines Fahrdienstleiters im Schnitt bis zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrags um monatlich bis zu 900 Euro beziehungsweise 30 Prozent. Bei Zugbegleitern seien es monatlich bis zu 840 Euro (22 Prozent), bei in DB-Werkstätten Beschäftigten bis zu 860 Euro (24 Prozent).

DB-Personalvorstand Martin Seiler erklärte, die Schlichtungsempfehlung werde begrüßt, „auch wenn uns das wirtschaftlich an Grenzen bringt“. Mit der Empfehlung würden „die enormen Leistungen und die erfolgreiche Arbeit unserer Mitarbeitenden“ honoriert. Die Empfehlung enthalte auch „zahlreiche Beiträge zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ der DB.

Schlichterin Heide Pfarr verwies darauf, dass die Empfehlung den bisher „höchsten und teuersten“ Abschluss für die DB darstelle. Die Empfehlung sei „fair, ausgewogen, zumutbar und gerade noch finanzierbar“.

Schlichter Thomas de Maizière sagte, die Gewerkschaft sei mit „unverkennbarem Nachholbedarf“ in die Tarifverhandlungen mit der DB gegangen. Er verwies dabei auf Zugeständnisse der EVG in der Coronakrise. Beide Seiten müssten nach intensiven, harten und langwierigen Gesprächen „Kröten schlucken“.

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