Politik Stasi-Akten: Noch immer Tausende Anfragen

Stellte am Freitag den letzten Bericht seiner Behörde vor: Roland Jahn.
Stellte am Freitag den letzten Bericht seiner Behörde vor: Roland Jahn.

Ein Generationenwechsel wird dem Thema Aufarbeitung der SED-Diktatur gut tun, ist sich Roland Jahn sicher. Der frühere Dissident, Bürgerrechtler und Journalist stellte am Freitag in Berlin den 15. und letzten Tätigkeitsbericht seiner Behörde vor. Immer noch beantragen Tausende Menschen Akteneinsicht.

Jahn scheidet im Juni nach zehn Jahren aus seinem Amt als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Und auch das Amt selbst wird es ab Juni nicht mehr geben. An seine Stelle tritt stattdessen beim Bundestag ein Bundesbeauftragter für die Opfer der SED-Diktatur.

Stasi-Akten gehen ans Bundesarchiv

„Aus eins mach zwei“, lobte Jahn am Freitag die einschneidenden Strukturveränderungen nach drei Jahrzehnten. Die Stasi-Akten gingen zwar organisatorisch an das Bundesarchiv über, blieben aber für Betroffene und Forschung weiter zugänglich. Zugleich gebe es nun mit einem Ombudsmann für die Opfer einen beim Bundestag angesiedelten „Kümmerer“. Der Stasi-Unterlagenbeauftragte habe diesen gesetzlichen Auftrag nie gehabt, sei dafür aber des Öfteren in Anspruch genommen worden, blickte Jahn zurück.

Er habe sich in seiner zehnjährigen Amtszeit „stets von dem Gedanken leiten lassen, den Opfern gerecht zu werden und eine Brücke zu den nächsten Generationen zu schlagen“, betonte Roland Jahn. Die Zeit für einen Generationenwechsel sieht der gebürtige Jenaer nun aber gekommen. Eigene Ambitionen auf den Posten als Ombudsmann verneint der 68-Jährige.

Im Jahr 2020 gingen 37 407 Anträge

Das Thema aber bleibe wichtig: Auch mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall stellten noch immer Monat für Monat Tausende Menschen einen Antrag auf Einsicht in Stasi-Unterlagen. Im Jahr 2020 gingen noch 37.407 Anträge bei Jahns Behörde ein, davon 23.686 Erstanträge. Im Jahre 2019 waren es 56.526 Anträge, davon 35.554, die zum ersten Mal gestellt wurden.

„Viel Stoff“ für die Gestaltung der Demokratie

„Die Stasi-Unterlagen können unserer heutigen Gesellschaft einen großen Dienst erweisen“, ist Jahn überzeugt. Sie böten „viel Stoff“ für die Gestaltung der Demokratie. Er nennt dazu Stichworte wie Freiheit und Menschenrechte. Tatsächlich beschäftigen sich laut Bericht zunehmend Angehörige Verstorbener mit dem Leben ihrer Eltern und Großeltern im geteilten Deutschland. Ihr Anteil an den Erstanträgen auf Akteneinsicht im Jahr 2020 liege bei 20 Prozent.

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