Politik Söder und Kurz: Zwei „Freunde“ gegen Merkel

Die Regierungschefs Österreichs und Bayerns verschärfen den Druck auf Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Nach einem Treffen in Linz scheint eine europäische Lösung in der Asylpolitik kaum noch möglich.

Zwischentöne verraten oft mehr als langatmige Reden. Just beim Treffen mit Bayerns neuem Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) gestern in der oberösterreichischen Hauptstadt Linz leistete sich Österreichs sonst selbstsicherer Jungkanzler Sebastian Kurz einen peinlichen Fehlgriff. So fand es Kurz offenbar witzig, bei der gemeinsamen Pressekonferenz seinen legendären Vorgänger Bruno Kreisky zu zitieren, der einmal launisch bemerkte, er fahre deshalb gerne nach Bayern zur Kur (Bad Wörishofen), denn da sei er „nicht mehr in Österreich, aber auch noch nicht in Deutschland“. Söder merkte man an, wie ihm das säuerliche Lächeln im Hals stecken blieb. Wenn das Zitat auf den aktuellen Asylstreit zwischen Berlin und München anspielen soll – und das sollte es wohl – sieht Kurz in dem bayerischen Regierungschef offenbar keinen Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Das Treffen beider Regierungsmannschaften war zwar schon im Februar vereinbart worden, doch nach dem vorerst mühsam entschärften Machtkampf zwischen den deutschen Unionsparteien über die Asylpolitik bekam es den Anschein eines Komplotts gegen Kanzlerin Angela Merkel. Kurz und Söder gaben sich keine große Mühe, diesen Eindruck zu entkräften. Zwar vermied es der Gast aus München vor Journalisten, sich auf eine Debatte über Merkels Zukunft als Kanzlerin einzulassen. Seine Botschaft nach Berlin war dennoch unmissverständlich: „Bayern und Österreich haben eine gemeinsame Überzeugung und Haltung.“ Er wolle sich, versicherte Kurz, nicht in die innerdeutsche Auseinandersetzung einmischen. Und tat es trotzdem, in dem er Merkels liberalere Asylpolitik, ohne ihren Namen zu nennen, ein weiteres Mal scharf angriff und sich damit klar auf die Seite Söders schlug: „Diejenigen, die im Jahr 2015 die Grenzen geöffnet haben, haben es verschuldet, das es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich …“ Und die Situation werde „immer schlimmer“, warnte Kurz. Söder wiederum, der im Herbst bei der Landtagswahl um die absolute Mehrheit für die CSU fürchtet, setzt ganz auf Kurz als Verbündeten – Österreich übernimmt im zweiten Halbjahr den EU-Ratsvorsitz. Beide wollen eine Wende in der Asylpolitik, sprich: nationale Grenzkontrollen, weil eine europäische Lösung seit Jahren nicht in Sicht sei. Söder zu Kurz: „Unsere Position wird immer mehrheitsfähiger.“ Kurz sieht im deutschen Asylstreit immerhin „etwas Gutes“: Jetzt gebe es „eine neue Dynamik auf europäischer Ebene“, spielt der Wiener Kanzler auf das gestern eilig für Sonntag angesetzte Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs von bis zu zehn EU-Staaten an. Dort soll eine Lösung in der Asylproblematik für den EU-Gipfel in der darauf folgenden Woche vorbereitet werden. Auch Söder lobt seine Landesregierung, ohne deren Entschlossenheit würde sich Berlin „nicht so schnell bewegen“. Kurz setzt immer wieder den Fokus auf den Schutz der EU-Außengrenzen. Solange dieser nicht funktioniere, müsse es eben nationale Lösungen wie strikte Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraumes geben. Dass Österreich die Hauptlast trägt, sollte Bayern Asylbewerber massenhaft schon an der Grenze zurückweisen, blendet Kanzler Kurz noch aus. Er hofft, dass sie an Italien und Slowenien weitergereicht werden können, quasi ein „Durchwinken“ – eine Lieblingsvokabel von Kurz – in die umgekehrte Richtung. Glückt das nicht, werden sich die drei ÖVP-Landeschefs von Tirol, Salzburg und Oberösterreich schon bei ihrem Parteivorsitzenden Kurz melden.

x