Meinung Pro & Contra: Sollten Heimkehrer die Corona-Tests selbst bezahlen?

Corona-Testzentrum am Münchner Flughafen.
Corona-Testzentrum am Münchner Flughafen.

Wer aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss sich verpflichtend auf das Virus testen lassen. Wer zahlt das? Die Allgemeinheit. „Geht’s noch?“, rufen einige empört. „Gemach!“, sagen andere. Auch RHEINPFALZ-Redakteure sind geteilter Meinung.

PRO Selbstzahler

Von Ralf Joas
Nein, nicht alle verbringen ihre Ferien in Luxusresorts oder Yachten, wo es auf ein paar Hundert oder gar Tausend Euro mehr oder weniger nicht ankommt. Viele beziehen bescheidenere Quartiere, haben lange auf die „schönsten Wochen des Jahres“ gespart. Wobei das mit den „schönsten Wochen“ angesichts der derzeitigen Umstände und Beschränkungen an vielen Urlaubsorten manchem zweifelhaft erscheinen mag. Deshalb haben viele Menschen, mitunter schweren Herzens, beschlossen, diesmal auf die Urlaubsreise zu verzichten und die Ferien zu Hause zu verbringen.

Aber sei’s drum, das muss, das kann jeder selbst entscheiden. Und es geht hier auch nicht um eine Neiddebatte, sondern darum, welches Maß an auch finanzieller Eigenverantwortung dem einzelnen Bürger zuzumuten ist.

Wer Entscheidungen trifft, sollte auch die Folgen dafür tragen. Und wer sich dafür entschieden hat, seinen Urlaub in einer Region zu verbringen, die von der Bundesregierung als Risikogebiet eingestuft wurde, der sollte dann auch die Kosten für den fälligen Corona-Test selbst zahlen. Das ist nicht schön, vor allem, wenn der Urlaub schon vor längerer Zeit geplant wurde. Aber das gehört nun einmal zu den Unwägbarkeiten des Lebens, die uns jederzeit und überall, auch im und rund um den Urlaub, treffen können. Wir reden hier, auch das gilt es zu berücksichtigen, über vergleichsweise überschaubare Beträge für den Einzelnen.

Nun wird argumentiert, bei einer Kostenpflicht bestehe die Gefahr, dass sich viele nicht testen lassen, um so Geld zu sparen. Sorry, aber mit diesem Argument kann man doch nicht ernsthaft den Steuer- und Beitragszahlern, die die „kostenlosen“ Tests bezahlen müssen, gegenübertreten. Denn diese Tests sind ja nicht kostenlos, sondern müssen von irgendjemand finanziert werden.

Solidarität ist gut und begrüßenswert, gerade in Krisenzeiten, wie wir sie alle wegen des Coronavirus durchleben. Deshalb ist es auch richtig, Unternehmen, Vereine und alle anderen, die durch diese Krise in ihrer Existenz gefährdet sind, mit staatlichem Geld und der Aufnahme hoher Schulden zu unterstützen.

Solidarität muss aber auch Grenzen haben, weil auch ein vergleichsweise reiches Land wie die Bundesrepublik nicht über unendliche Mittel verfügt. Und diese Grenzen sind ganz klar da erreicht, wo das Vergnügen der einen – und das ist der Urlaub hoffentlich – samt seiner Folgen von anderen mitbezahlt werden soll.

CONTRA Selbstzahler

Von Hartmut Rodenwoldt
Klarer Fall: Wer sich einen Luxusurlaub im Risikogebiet Seychellen leisten kann, wird ja wohl seinen Corona-Test bei Heimkehr selbst bezahlen können!

Stimmt. Aber warum werden die Seychellen eigentlich als Risikogebiet eingestuft? Und warum muss der Seychellen-Urlauber überhaupt einen Test vorlegen? Die Inselgruppe hatte laut Weltgesundheitsorganisation bisher nur 114 bestätigte Corona-Fälle – ungefähr so viele wie die nicht eben metropolenhafte Stadt Speyer.

Nach diesen Daten zu urteilen: Wenn die Seychellen ein Risikogebiet sind, dann ist Bayern mit seinen 128 Tagesinfektionen (7. August) ein loderndes Höllenfeuer, das selbst Zerberus Söder das Fell versengt. Eher müssten die Seychellen vor Urlaubern geschützt werden als Deutschland vor Seychellen-Urlaubern.

Warum welches Land als Risiko angesehen wird, ist oft nicht nachzuvollziehen. Ein Fest für Anwälte, die klagefreudige Touristen aus der Selbstzahlerpflicht pauken wollen. Man ist geneigt, den Gerichten gute Verrichtung zu wünschen, sie haben ja sonst nichts zu tun.

Schwerer wiegt allerdings ein anderes Argument wider die Selbstzahlerpflicht: Es reisen nicht nur Luxusurlauber. 2019 haben rund 100.000 Personen aus den Risikoländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien legal auf deutschen Baustellen sowie im medizinischen und sozialen Bereich gearbeitet. Deutschen Arbeitnehmern sind diese Jobs oft zu anstrengend, zu schlecht bezahlt und zu schlecht beleumundet.

Dass auch die Arbeitskräfte vom Balkan gelegentlich heim wollen, versteht sich von selbst. Keiner von ihnen verdient Reichtümer. Reden wir also nicht drum rum: Müssten sie die Corona-Tests bei Rückkehr an den Arbeitsplatz selbst bezahlen, so würden sie die Testzentren mutmaßlich meiden wie der Teufel das Weihwasser. Warum? Weil ihnen die Tests zu teuer sind. Zu erwischen sind sie ohnehin kaum. Denn die meisten reisen nicht per Flugzeug, sind also auf Flughäfen nicht anzutreffen. Stattdessen überqueren sie die Grenze unbemerkt per Bus oder Pkw. Wenn einige dieser Kräfte Corona-infiziert sind, verbreiten sie das Virus hier. Bemerkt würde das erst, wenn es zu spät ist. Epidemiologisch wäre das ziemlich daneben.

Oder wirtschaftlich argumentiert: Es ist für die Allgemeinheit billiger, die Corona-Tests zu zahlen, statt Lockdowns und medizinische Behandlungskosten finanzieren zu müssen.

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