Politik Niedrige Wahlbeteiligung trübt Emmanuel Macrons Erfolg

«Paris.» Frankreichs Wähler haben Präsident Emmanuel Macron mit einer komfortablen Mehrheit im Parlament ausgestattet. In der zweiten Runde der Parlamentswahl am Sonntag errangen seine junge Partei „La République en Marche“ (LRM) und die mit ihr verbündete Zentrumspartei Modem 350 der 577 Sitze in der Nationalversammlung.

Eine starke Opposition gibt es im französischen Parlament nicht mehr. Die bis dato regierenden Sozialisten stürzten auf 44 Mandate ab, die konservativen Republikaner und ihre Verbündeten auf 131 Sitze. Der rechtsextreme Front National (FN) kommt auf acht Sitze. Mit weniger als zehn Mandaten kann er aber keine Fraktion bilden. FN-Chefin Marine Le Pen wurde allerdings erstmals in die französische Nationalversammlung gewählt. Sie war Macron in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl klar unterlegen. Das neue Parlament wird zu drei Vierteln mit Politneulingen besetzt sein. Seine kürzlich gebildete Reformregierung wird Macron geringfügig anpassen. Er meine aber, dass Premierminister Edouard Philippe bleiben werde, sagte Regierungssprecher Christophe Castaner gestern dem Sender RTL. Es gehe, so Castaner, um eine „technische“ Umbildung. Ministerpräsident Philippe bezeichnete das Wahlergebnis als eine Chance für sein Land. Vor einem Jahr habe niemand gedacht, „dass es zu einer solchen politischen Erneuerung kommt“, sagte er. Sozialisten-Chef Jean-Christophe Cambadelis trat noch am Wahlabend zurück. Der Kollaps seiner Partei sei nun perfekt. Sie müsse nun von der Spitze an erneuert werden. Republikaner und Sozialisten hatten die Politik in Frankreich über Jahrzehnte dominiert, waren aber schon bei der Präsidentenwahl von den Wählern abgestraft worden. Einen bitteren Beigeschmack erhält der Sieg des Macron-Lagers durch die historisch niedrige Wahlbeteiligung. Nur 42,6 Prozent der Wahlberechtigten gingen überhaupt ins Wahllokal. Von ihnen warf rund jeder Zehnte einen leeren oder ungültigen Stimmzettel in die Urne. Beobachter erwarten, dass sich Frankreichs Opposition nun vor allem auf den Straßen und in den Gewerkschaften Gehör verschaffen wird. Die Gewerkschaften haben bereits ihre Forderungen angemeldet, wenn Macron den Arbeitsmarkt und das Rentensystem reformieren will. Daneben hat er eine Reduzierung der Unternehmenssteuern auf 25 von derzeit 33 Prozent angekündigt. Der Durchmarsch der Macron-Partei machte auch vor Lothringen und dem Elsass nicht halt. Im lothringischen Département Moselle errangen Politiker von LRM acht der neun Mandate; lediglich in Sarrebourg konnte der konservative Fabien di Filippo die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Dagegen verlor sein Parteifreund Céleste Lett in Sarreguemines seinen Sitz in der Nationalversammlung an Nicole Gries-Trisse (LRM), die sich knapp mit 51,5 Prozent der Stimmen durchsetzte. In Forbach, wo der stellvertretende Vorsitzende des Front National, Florian Philippot, im ersten Wahlgang noch knapp vorne gelegen hatte, setzte sich in der zweiten Runde LRM-Kandidat Christoph Arend mit 57 Prozent deutlich gegen Philippot durch. Im benachbarten Elsass hatte es La République en Marche deutlich schwerer– in vier der neun Wahlkreise im Département Bas-Rhin gingen die republikanischen Kandidaten als Sieger hervor. So siegte der konservative Frédéric Reiss in Wissembourg mit 58,9 Prozent gegen den LRM-Kandidaten und Bürgermeister Christian Gliech. Fünf der neun Sitze im Bas-Rhin fielen an Anhänger Macrons, darunter auch die Mandate in Straßburg. Eng wurde es in Hagenau, wo LRM-Mann Vincent Thiebaut sich mit 51,03 Prozent gegen den Republikaner Etienne Wolf durchsetzte. Im weiter südlich gelegenen Département Haut-Rhin erreichte LRM nur einen Sitz, die übrigen Sitze fielen an konservative Kandidaten. Leitartikel

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