Politik Leitartikel: Nur ein erster Schritt

Die Schweiz hat ihre Bankgesetze auf Drängen der EU überarbeitet. Brüssel sollte allerdings noch weitergehen und Sanktionen gegen alle Staaten

verhängen, die auf der schwarzen Liste der Steueroasen stehen.

Die EU muss bei den eigenen

Mitgliedstaaten – Luxemburg, Malta, Niederlande und Irland – anfangen.

Ein Anfang ist immerhin gemacht. Allein die Drohung, auf der schwarzen Liste der EU von Steueroasen zu landen, hat die Schweiz und andere Länder zum Einlenken bewogen. Mit der „Kavallerie“, wie vor etlichen Jahren der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) formulierte, muss man den Eidgenossen heute also nicht mehr kommen. Sie waren auch so bereit, im Vorfeld der Anfang Dezember getroffenen Entscheidung über die schwarze Liste der EU einige Steuerprivilegien für Unternehmen abzuschaffen. Dies zeigt, wie groß der Einfluss der EU-Mitgliedstaaten mittlerweile ist, wenn es darum geht, außerhalb der EU etwas durchzusetzen. Es zeigt auch, wie viel sich an der Steuerfront in den vergangenen Jahren getan hat. Die Schweiz war lange Zeit bekannt für ihr bestens gehütetes Bankgeheimnis. Doch mittlerweile ist sie kein sicherer Zufluchtsort mehr für Steuerhinterzieher und Schwarzgeldsünder. Vielmehr hat sich das kleine reiche Land erst selbst eine Weißgeldstrategie verordnet und diese dann auch noch glaubhaft umgesetzt. Das verdient Respekt. Steuergerechtigkeit ist genau das richtige Thema, mit dem die EU bei den Bürgern punkten kann. Während die abhängig Beschäftigten so gut wie keine Möglichkeiten mehr zur Steuergestaltung haben und die allermeisten Unternehmen ihren steuerlichen Pflichten korrekt nachkommen, wächst das Unverständnis über die schwarzen Schafe. Es ist nicht einzusehen, dass sich Superreiche den Pflichten zur Finanzierung von Krankenhäusern, Kindergärten und Straßen entziehen können, indem sie mit ihrem Geld in Steueroasen ausweichen. Allerdings kann die schwarze Liste der Staaten, die unzureichend mit der EU in Steuersachen kooperieren, eben auch nur der Anfang sein. Wenn die EU es ernst meint, muss es Konsequenzen haben, wenn sich ein Land zum Komplizen von Steuersündern macht. Erstrebenswert ist etwa, dass künftig dann auch kein Brüsseler Geld mehr in diese Länder fließt. Es ist doch das mindeste, dass Länder, die wie etwa Tunesien Entwicklungshilfegelder bekommen, sich an die Mindestanforderungen halten, die die EU ihnen bei der Steuertransparenz und Steuerfairness auferlegt. Noch wirkungsvoller wäre, wenn die EU allen Unternehmen im Binnenmarkt nahelegen würde, überhaupt keine Geschäftsbeziehungen mehr mit diesen Ländern zu unterhalten. Doch zunächst einmal muss die EU bei sich selbst anfangen. Es gibt mit Malta, Irland, Luxemburg und den Niederlanden vier Mitgliedstaaten, die auch auf der Liste hätten landen müssen. Sie erfüllen nicht die Kriterien, die die EU völlig zu Recht an Drittstaaten stellt. Doch von vorneherein war klar, dass lediglich in Ländern außerhalb der EU die Steuerpraxis unter die Lupe genommen wird. Die Steueroasen innerhalb der EU waren von Anfang an außen vor. Damit macht sich die EU unglaubwürdig und angreifbar. Diese Leerstelle der schwarzen Liste macht zugleich auf eine Schwachstelle der EU aufmerksam. In Steuerfragen schlagen besonders häufig die nationalen Egoismen durch. Mitgliedstaaten suchen ihren eigenen Vorteil, etwa wenn es darum geht, Unternehmen mit „Nullsteuer-Sätzen“ anzulocken. Bei Abstimmungen zu diesen Themen im Rat bedarf es häufig der Einstimmigkeit. Dies führt immer wieder dazu, dass die üblichen Verdächtigen – wie etwa Irland, Luxemburg und die Niederlande – auf die Bremse treten. Am Ende können sich dann alle nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen.

x