Politik Leitartikel: Der Lügen-Präsident

Donald Trump hat seinem Amtsvorgänger ein Verbrechen vorgeworfen.

Er hat keine Beweise dafür. Wie soll man ihm noch glauben, wenn er beteuert,

sein Team und er selbst hätten keine illegalen Kontakte zu Russen gehabt? Trump hat es versäumt, reinen Tisch zu machen. Er hätte längst seine Steuererklärung offenlegen müssen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Donald Trump seine Amtszeit als US-Präsident vorzeitig beenden muss, ist gestiegen. Die Vorwürfe, seine Kandidatur sei durch Kontakte nach Russland belastet gewesen, sind nicht neu. Aber wenn das FBI offiziell bestätigen muss, dass es genau in diese Richtung ermittelt, ist das ein dramatischer Vorgang. Umso mehr, als nun ausgerechnet FBI-Direktor James Comey verkündet hat, dass diese Anti-Spionage-Ermittlungen seit Juli 2016 andauern. Comey ist Republikaner, also „Parteifreund“ des Präsidenten. Hätte er nicht schon viel früher mit der Sache an die Öffentlichkeit gehen müssen? Im Fall der Affäre um die Dienst-E-Mails Hillary Clintons hatte Comey keine Scheu, im Wahlkampf ohne Not kundzutun, dass seine Behörde da nochmal ermittelte. Das hat Clintons Niederlage nicht besiegelt, aber hat ihr massiv geschadet. Die Sache ist so heikel, dass manche, auch Abgeordnete im Kongress, einen unabhängigen Ermittler fordern. Zu Recht! Comey steht nicht über diesen Ermittlungen gegen Trump. Er ist Teil der verwirrenden Gemengelage, die das Zeug hat, zu einem Amtsenthebungsverfahren zu führen. Die Republikaner haben natürlich kein Interesse, sich ihre Chance kaputt machen zu lassen, mit ihrer aktuellen Mehrheit in beiden Kammern und Trump im Weißen Haus durchzuregieren. Sie wollen ab Donnerstag die Gesundheitsreform Obamacare abschaffen und ersetzen. Sie wollen einen Konservativen zum Verfassungsrichter wählen, der sie ihrem Ziel einen Schritt näher bringt, geltende liberale Auslegungen der Sozial- und Bürgerrechtsgesetzgebung auszuhebeln. Sie wollen ganze Ministerien und Bundesbehörden wie die Umweltagentur EPA abwickeln. Aber Trumps Agenda droht im Sumpf der Russland-Affäre unterzugehen. Vor allem sein Justizminister Jeff Sessions könnte ins Schussfeld geraten, was all die Pläne, Mauern zu bauen und Muslime aus dem Land zu werfen, gefährden könnte. Sessions hat nachweislich in seiner Berufungs-Anhörung im Kongress über ein Treffen mit dem russischen Botschafter Sergey Kislyak die Unwahrheit gesagt. Es gab Verwicklungen Paul Manaforts, bis August Wahlkampfchef Trumps, mit der einstigen prorussischen Regierung in Kiew. Wenn das Weiße Haus jetzt so tut, Manafort sei ein kleines Licht gewesen, spricht das Bände: Wie auch Mike Flynn, der geschasste Nationale Sicherheitsberater, hat Manafort mit der Russland-Connection ja sogar Geld verdient. Den Präsidenten würde das alles nicht so beschädigen, ginge er korrekt damit um. Hätte Trump seine Steuererklärungen offengelegt, ließe sich nachvollziehen, ob er mit Russland kompromittierende Geschäftsbeziehungen hat. Hätte er nicht ohne Not am 4. März seinen Amtsvorgänger beschuldigt, der habe ihn im Trump Tower abhören lassen, wäre der Aufruhr nicht da, der sich nun zu Recht Bahn bricht. Nach den Aussagen Comeys und des NSA-Chefs von Montag ist klar, dass der Präsident der USA gelogen hat. Hat es Trump getan, weil er von Sessions’ Verwicklungen ablenken wollte? Schlägt er wild um sich, weil er von seinem Amt überfordert ist und nichts gelingen mag außer seinen Redeauftritten vor ausgesuchten Fans? Beide Erklärungsansätze lassen den Atem stocken. Trump ist gerade einmal 61 Tage im Amt. In seinem Tweet vom 4. März sprach er von Watergate. Wenn er so weitermacht, wird er eher früher als später wie sein Vorbild Richard Nixon zurücktreten müssen oder des Amtes enthoben werden.

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