Justizermittlungen Kindesmissbrauch: 30.000 Verdächtige

Am 11. November kam es in Bergisch-Gladbach zu einer Festnahme , in deren Folge die Polizei zahlreiche neue Verdachtsfälle verfo
Am 11. November kam es in Bergisch-Gladbach zu einer Festnahme , in deren Folge die Polizei zahlreiche neue Verdachtsfälle verfolgte.

Der Missbrauchsskandal von Bergisch Gladbach zieht immer weiter Kreise. Die Justiz hat Spuren zu Zehntausenden Personen, die in die Verbrechen verstrickt sein sollen. In 70 Fällen seien Verdächtige namentlich identifiziert.

Düsseldorf. Die Ermittlungen gegen das Netzwerk von Pädokriminellen rund um den Missbrauchsskandal von Bergisch Gladbach haben Spuren zu bislang 30.000 Tatverdächtigen ergeben. Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte am Montag in Düsseldorf, die zuständige Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) ermittle gegen so viele Verdächtige. Ziel sei es nun, diese Täter und Unterstützer von Kindesmissbrauch aus der Anonymität des Internets herauszuzerren.

Täter tauschen sich im Internet aus

„Ich habe nicht damit gerechnet, nicht im Entferntesten, welches Ausmaß Kindesmissbrauch im Netz hat“, sagte Biesenbach. Was die Ermittlungsgruppe zutage gefördert habe, sei „zutiefst verstörend“. Erschreckend sei die „Selbstverständlichkeit“, mit der sich Vertreter der Szene zum Teil auch in offen zugänglichen Bereichen des Internets über ihre Taten austauschten, sagte der Minister. Ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Szene sei notwendig.

Schwierige Auswertung der Beweismittel

Eine Sondereinheit soll am 1. Juli ihre Arbeit aufnehmen. Die Auswertung der Beweismittel sei oft schwierig und müsse unter hohem Zeitdruck stattfinden, sagte Biesenbach. Namentlich identifiziert sind im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach bisher etwas mehr als 70 Tatverdächtige in ganz Deutschland.

Es gehe darum, die Strukturen und technischen Voraussetzungen zu optimieren und die Schnittstelle zwischen der technischen Auswertung und der Strafverfolgung zu verbessern, betonte der Minister. Damit schaffe man bundesweit eine „der ersten Gruppen“ mit solch einer Vernetzung.

Mit Beruhigungsmitteln gefügig gemacht

Der Leiter des ZAC NRW, Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, erklärte, es gebe einen „intensiven Resonanzraum“, in dem Teilnehmer andere Personen ausdrücklich dazu aufforderten, Kinder zu missbrauchen, oder ihnen Tipps gäben, wie Jungen und Mädchen mit Beruhigungsmitteln gefügig gemacht werden könnten. Dadurch würden die Hemmschwellen, sich an Kindern zu vergehen, deutlich gesenkt.

Laut Justizminister Biesenbach handelt es sich bei Kinderpornografie und Kindesmissbrauch um ein „sich sehr dynamisch entwickelndes und änderndes Deliktsphänomen“. Die Missbrauchsermittlungen hatten im vergangenen Oktober mit der Festnahme eines mutmaßlichen Täters in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen – schnell wurde klar, dass der Fall größere Dimensionen haben könnte. Bereits im November hieß es von Ermittlerseite, dass der Komplex Bergisch Gladbach größer sein dürfte als der Fall in Lügde in Ostwestfalen.

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