Verkehrspolitik Gerangel um die Zukunft des Deutschlandtickets

Volker Wissing wertet das im Mai eingeführte Deutschlandticket als großen Erfolg.
Volker Wissing wertet das im Mai eingeführte Deutschlandticket als großen Erfolg.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat eine höhere Kostenbeteiligung des Bundes am Deutschlandticket abgelehnt und damit Sorgen genährt, dass das Ticket teurer wird oder sogar wieder verschwinden könnte.

Mehrere Bundesländer hatten in einem Brief an Wissing gewarnt, ohne eine Einigung in offenen Finanzfragen für die Zeit nach 2023 sehen sie „die Fortführung des Deutschlandtickets oder zumindest dessen flächendeckende Anwendung ernsthaft gefährdet“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Schreiben.

Wissing sagte dazu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Der Bund hat viel Geld für das Deutschlandticket in die Hand genommen und wir haben auch die Regionalisierungsmittel erhöht. Die Länder müssten jetzt zunächst bei den Verkehrsverbünden und den Vertriebskosten sparen. Ich empfehle den Ländern, jetzt mutig weiter voranzugehen und den Flickenteppich der Verkehrsverbünde effektiv neu zu ordnen“, sagte der FDP-Politiker. „Da müssen jetzt Einspareffekte erzielt werden, sodass der ÖPNV besser wird im Angebot und gleichzeitig unnötige Kosten eingespart werden.“

Das Deutschlandticket gilt seit Mai und berechtigt für 49 Euro im Monat bundesweit zu Fahrten im Nah- und Regionalverkehr. Bislang stellen Bund und Länder dafür bis 2025 je 1,5 Milliarden Euro jährlich bereit. Die Finanzierung von Mehrkosten, die über diese 3 Milliarden Euro hinausgehen, ist bisher nur für das Jahr 2023 gesichert. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte der „Rheinischen Post“, Bund und Länder müssten sich endlich dazu bekennen, „die Mehrkosten für das Ticket, die über drei Milliarden Euro hinausgehen, auch weiterhin zu übernehmen.“

Über 200.000 Menschen unterzeichnen Petition

Schon mehr als 200.000 Menschen haben eine Petition für den Erhalt des Tickets zum Preis von 49 Euro unterzeichnet. In der Petition des Netzwerks Campact und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) wird gefordert, nicht nur den Preis des Deutschlandtickets stabil zu halten, sondern dieses durch ein Jugend- und Sozialticket zum Preis von 29 Euro pro Monat zu ergänzen. Zudem müsse es „massive Investitionen“ in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) geben“, sagte der VCD-Mobilitätsexperte Dominik Fette. „Ein dauerhafter Erfolg wird das Ticket erst, wenn es langfristig günstig bleibt und immer mehr Menschen auf den ökologischen ÖPNV umsteigen.“

Lara Eckstein von Campact kritisierte die Weigerung von Wissing, mehr Geld für das Ticket zur Verfügung zu stellen. „Das Verkehrsministerium reißt seit Jahren die Klimaziele. Umso absurder ist es, dass der einzige handfeste Beitrag zum Klimaschutz aus dem Hause des Verkehrsministers nun von ihm selbst in Frage gestellt wird“, erklärte Eckstein. Das 49-Euro-Ticket ermögliche es tagtäglich Millionen Menschen, das Auto stehen zu lassen und klimafreundlich mit Bus und Bahn unterwegs zu sein.

Campact und VCD: Klimaschädliche Subventionen abbauen

Campact und VCD fordern von Wissing, bis zur nächsten Verkehrsministerkonferenz im Oktober das Angebot des Bundes für das Deutschlandticket nachzubessern. Zur Gegenfinanzierung könne er „auf überflüssige Autobahnprojekte verzichten“ und „klimaschädliche Subventionen abbauen“. Als ein Beispiel für eine solche klimaschädliche Subvention gilt laut Umweltbundesamt das sogenannte Dienstwagenprivileg, das von der FDP aber verteidigt wird.

Verlagerung von der Straße auf die Schiene

Laut Mobilitätsdaten des Mobilfunkanbieters 02 Telefónica lässt sich seit Anfang Mai, als das Deutschland-Ticket eingeführt wurde, ein deutlicher Anstieg bei Zugreisen von mehr als 30 Kilometern feststellen. Demnach war im Juni die Anzahl dieser Fahrten um mehr als ein Viertel höher als noch im April. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat der Mobilfunkanbieter außerdem eine „wahrnehmbare Verlagerung von der Straße auf die Schiene“ um etwa 2,5 Prozentpunkte gemessen. Bei der S-Bahn Rhein-Neckar verzeichnete die Deutsche Bahn nach der Einführung des Deutschlandtickets einen Fahrgastzuwachs um rund 40 Prozent.

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