Meinung Fall Assange: Grausame Verzögerung

Julian Assange, hier auf einem Foto aus dem Jahr 2017.
Julian Assange, hier auf einem Foto aus dem Jahr 2017.

Der Fall Julian Assange zeigt, wie kurzsichtig, kleinlich und rachsüchtig die britische Justiz geworden ist.

„Wenn die Gerechtigkeit eine Stimme hätte“, bemerkte einst der französische Philosoph Hippolyte Taine, „dann spräche sie wie ein englischer Richter.“ Das mag im 19. Jahrhundert vielleicht gestimmt haben. Mittlerweile darf man seine Zweifel an der Gültigkeit des Bonmots haben. Der Fall von Julian Assange demonstriert, wie kurzsichtig, kleinlich und rachsüchtig die britische Justiz geworden ist. Seit fast 14 Jahren ist der Wikileaks-Gründer seiner Freiheit beraubt. Zuerst ein selbstauferlegter Hausarrest des Australiers in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung in die USA zu entgehen. Danach fünf Jahre Haft im notorischen Londoner Belmarsh-Gefängnis im juristischen Kampf gegen diese Auslieferung. „Genug ist genug“, befand der australische Premierminister Anthony Albanese und rief die US-Regierung auf, das Auslieferungsbegehren fallen zu lassen.

Jetzt hat wieder einmal ein britisches Gericht gesprochen und die Causa vertagt. Der lähmend langsame Fortschritt in diesem Verfahren hat Methode. Diese Prozedur, meint der Chefredakteur von Wikileaks, Kristinn Hrafnsson, sei eine „Bestrafung durch Verfahren“. Die lange Dauer sei „offensichtlich ein absichtlicher Versuch, ihn zu zermürben, ihn zu bestrafen“. Die Behandlung von Assange ist so unverhältnismäßig wie grausam. Und eine Gefahr für die Demokratie ist sie auch: Denn auf der Anklagebank sitzt neben ihm die Pressefreiheit.

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