Politik EU-Parlament: Strengere Regeln für Lobbyisten

Das Europaparlament hat strengere Regeln für den Umgang mit Lobbyisten beschlossen. Der Beschluss wird überschattet von heftigem Streit: Sollen die Regeln auch für Umwelt- und Sozialverbände gelten?

Markus Pieper, Wirtschaftsexperte der CDU im Europaparlament, wirft dem Grünen-Abgeordneten Sven Giegold, „scheinheiliges Verhalten“ vor. Giegold ist Initiator des Vorstoßes für mehr Transparenz im Lobbyumfeld des Europaparlaments. Der deutsche Grüne, so Piepers Vorwurf, fordere Offenheit nur einseitig ein – und zwar dann, wenn es um den Umgang mit Lobbyisten von Wirtschaftsunternehmen und -verbänden gehe. Giegold weigere sich aber, die gleichen Maßstäbe auf Nichtregierungsorganisationen wie Attac oder die Deutsche Umwelthilfe anzuwenden. Pieper: „Alle Anträge, die ich in dieser Richtung gestellt habe, wurden abgelehnt.“ Der Streit entzündet sich vor allem an der Forderung Piepers, dass die EU künftig nur noch jenen Organisationen Fördergelder zukommen lassen solle, die „keine Unwahrheiten verbreiten“ oder die sich nicht „gegen die europäischen Werte wenden“. Giegold argumentiert indes: „Wir wollen keine Gesinnungspolizei für NGOs.“ NGO ist die Abkürzung für Nichtregierungsorganisation. Giegold erklärt sich einverstanden damit, dass NGOs nur dann Geld bekämen, wenn sie auf der Basis demokratischer Grundwerte stünden. Es sei aber „nicht die Aufgabe des Staates oder der EU-Kommission, eine Wahrheitsprüfung vorzunehmen. Pieper kritisierte vor kurzem die mangelnde Transparenz bei der finanziellen Förderung von NGOs durch die EU-Kommission. Er verwies auf Beispiele, wonach solche NGOs im Internet Kampagnen gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU führten. Der Europäische Rechnungshof soll nun die Finanzierung von NGOs durch die EU-Kommission untersuchen und einen Bericht vorlegen. Giegold freilich wirft dem CDU-Mann vor, dass es ihm gar nicht um die Sache gehe. Die Organisation Lobbycontrol, die für mehr Transparenz bei Kontakten zwischen Interessenvertretern und Politik kämpft, weist Piepers Vorstoß ebenfalls zurück. Dessen Antrag wirke „wie ein Angriff auf die handelskritische NGO-Szene, nicht wie ernst gemeinte Bemühungen um mehr Transparenz“. Mit deutlicher Mehrheit, aber gegen die Stimmen der meisten Abgeordneten der EVP-Fraktion, zu der auch die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten gehören, wurde schließlich beschlossen: In Brüssel tätige Lobbyorganisationen oder Anwaltsfirmen müssen genau Auskunft darüber geben, woher das Geld für eine Kampagne kommt und wer die Auftraggeber sind. Der Europäische Rat, also das Gremium der EU-Mitgliedstaaten, wird aufgefordert, ebenfalls alle Lobbykontakte offenzulegen. Die Abgeordneten fordern auch die Kommission auf, künftig die Treffen von Beamten mit Wirtschaftsvertretern offenzulegen. Das Parlament verlangt zudem längere „Abkühlungsphasen“ für Kommissare. Wenn diese ausscheiden, sollte ihnen eine Lobbyarbeit in ihrem ehemaligen Arbeitsgebiet für drei Jahre verboten werden. Giegold wollte zudem die Abgeordneten verpflichten, über jeden Kontakt mit einem Lobbyisten Auskunft zu geben. Doch selbst Abgeordnete seiner eigenen Partei, der Grünen, sahen dadurch das freie Mandat der Parlamentarier gefährdet. Sven Giegold scheiterte mit seinem Vorstoß.

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