Politik Der Fiskus greift zu

Berlin. Arbeitseinkommen werden in Deutschland überdurchschnittlich mit Steuern und Abgaben belastet. In manchen Haushaltstypen mit über 50 Prozent des Bruttolohns. Allerdings: Das Bild ist differenziert.

Das geht aus der Studie „Taxing Wages“ hervor. Sie wird jährlich von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellt und vergleicht die Lage in den 35 Mitgliedsländern. Demnach lag die Steuer- und Abgabenlast für alleinstehende Durchschnittsverdiener 2016 in Deutschland bei 49,4 Prozent. Lediglich in Belgien ist die Belastung für diese Personengruppe mit 54 Prozent höher. Der OECD-Durchschnitt wird mit 36 Prozent angegeben. Vergleichsweise niedrig sind Steuern und Abgaben in der Schweiz (21,8 Prozent), Mexiko (20,1 Prozent), Neuseeland (17,9 Prozent) und Chile (sieben Prozent). Wer als Alleinstehender ein Jahresbruttoeinkommen von rund 80.000 Euro hat, muss 51,4 Prozent an Fiskus und Sozialversicherungen abführen. In ihren Berechnungen gibt die OECD den Anteil von Steuern sowie Sozialabgaben der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an den Arbeitskosten wieder. Als Jahresdurchschnittsverdienst hat die OECD für Deutschland 47.809 Euro angenommen. Die Zahl ist deshalb so hoch, weil nur Löhne des Privatsektors berücksichtigt wurden. Auch wird von Zahlungen für Überstunden und Urlaub ausgegangen. Günstiger als Alleinstehende kommen Familien mit zwei Kindern weg. Die OECD hat für diesen Haushaltstyp (Familie, zwei Kinder, ein Erwerbstätiger, Durchschnittseinkommen) in Deutschland 2016 eine Steuer- und Abgabenlast von 34 Prozent errechnet (OECD-Durchschnitt: 26,6 Prozent). Frankreich (40 Prozent), Finnland (39,2 Prozent) oder Belgien (38,6 Prozent) liegen deutlich darüber. In diesem Fall sind in Deutschland vor allem die Beiträge zu den Sozialversicherungen die Abgabentreiber. Hat die Familie mit zwei Kindern ein Jahresbruttoeinkommen von knapp 80.000 Euro, muss sie schon 42,4 Prozent an Steuern und Abgaben zahlen. Allerdings ist die Abgabenquote nur bedingt vergleichbar. In Chile beispielsweise ist sie für Alleinstehende auch deshalb so niedrig, weil das Land ein anderes Sozialsystem mit einem niedrigeren Leistungsniveau hat als in Deutschland. Chilenische Arbeitnehmer zahlen in diesem Fall nur sieben Prozent Sozialabgaben (Deutschland: 17,3 Prozent), Arbeitgeber gar keine (Deutschland: 16,2 Prozent). Die OECD hat 35 Mitgliedsländer, die meisten von ihnen aus Europa. Sie untersucht Wirtschaftsentwicklungen und Tendenzen in Gesellschaften. Ferner spricht sie Politikempfehlungen aus. Kommentar

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