Politik Bund will bis zu 100 Prozent Lohnzuschüsse zahlen

Die Bundesregierung will 150.000 Langzeitarbeitslose in Beschäftigung bringen. Wie? Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat gestern erste Eckpunkte präsentiert. Arbeitgeber lockt er mit üppigen Zuschüssen: Bis zu 100 Prozent der Lohnkosten soll der Staat übernehmen, findet Heil.

Es steht im Koalitionsvertrag: Schwarz-Rot will bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose in Lohn und Brot bringen. Das ist ambitioniert, weil es viele Vermittlungshemmnisse gibt. Und es ist teuer. Die Bundesregierung will für ihr neues Förderinstrument in dieser Legislaturperiode vier Milliarden Euro in die Hand nehmen. Als langzeitarbeitslos gilt, wer länger als ein Jahr ohne Job ist. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) gab es im Mai 831.000 derartig Beschäftigungslose. Das sind zwar 79.000 weniger als im Vorjahresmonat. Aber was die Statistik zunächst nicht verrät: Die Anzahl derjenigen, die mehrere Jahre lang ohne Beschäftigung sind, steigt. Laut BA waren 2011 rund 298.000 Personen länger als drei Jahre ohne Job, im vergangenen Jahr 317.000. Unter anderem an dieser Stelle setzt das „MitArbeit“ genannte Programm von Arbeitsminister Hubertus Heil an. Er will Arbeitgebern zwei Jahre lang Lohnkostenzuschüsse von 100 Prozent gewähren. Voraussetzung: Sie stellen Menschen ein, die in den vergangenen sieben Jahren sechs Jahre lang Arbeitslosengeld II bezogen haben. Nach den ersten beiden Jahren sinkt der Zuschuss in jedem weiteren Jahr um zehn Prozentpunkte. Maximale Förderdauer: fünf Jahre. Die Langzeitarbeitslosen müssen sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden von Arbeitgebern der freien Wirtschaft, in sozialen Einrichtungen oder bei Kommunen. Mindestens im ersten Jahr der Beschäftigung werden Langzeitarbeitslose betreut und Arbeitgeber bei Fragen und Problemen unterstützt. „Coaching“ nennt das Arbeitsministerium die Betreuung neudeutsch. Das Programm hat noch ein zweites Instrument. Es soll verhindern helfen, dass Arbeitslose lange ohne Job sind und dadurch immer geringere Vermittlungschancen haben. Wer als Arbeitgeber eine Person einstellt, die mindestens 24 Monate arbeitslos ist, soll ebenfalls einen Zuschuss bekommen: im ersten Jahr 75 Prozent des Lohns, im zweiten 50 Prozent. Der Arbeitgeber muss sich allerdings verpflichten, die eingestellte Person mindestens sechs Monate nach Beendigung der Förderung weiter zu beschäftigen. Auch in diesem Fall wird eine begleitende Betreuung („Coaching“) angeboten. Heil will seine Vorstellungen noch vor der Sommerpause dem Bundeskabinett vorlegen. Derzeit wird ein entsprechender Gesetzentwurf mit den anderen Ministerien abgestimmt. In Kraft treten soll das Gesetz am 1. Januar 2019. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sagte dazu, für Langzeitarbeitslose sei es wichtig, eine Beschäftigung zu finden und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten zu können. Heils Programm dürfe bestehende Arbeitsplätze allerdings nicht verdrängen, mahnte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte, es sei zwar grundsätzlich richtig, für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mehr Geld in die Hand zu nehmen. Aber: „Wir brauchen keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Ein fünfjähriger Lohnzuschuss bedeute eine Umkehr der bisherigen Arbeitsmarktpolitik. Bisher sollten Menschen möglichst kurz im System der Arbeitsverwaltung gehalten werden. Jetzt gehe es Heil darum, die Leute möglichst lang von der Arbeitsverwaltung betreuen zu lassen.

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