Rheinland-Pfalz Torun-Prozess: Streit um Hauptschuld

Ihre Mandanten machen sich gegenseitig für zwei Morde an entführten Unternehmern verantwortlich: Miriam Weis verteidigt den 49-j
Ihre Mandanten machen sich gegenseitig für zwei Morde an entführten Unternehmern verantwortlich: Miriam Weis verteidigt den 49-jährigen, Peter Deschka den 38-jährigen Angeklagten.

«Frankenthal.» Im Frankenthaler Prozess um den gewaltsamen Tod zweier Unternehmer hat sich zunächst nur ein Angeklagter ausführlich zu den Taten geäußert – und die Hauptschuld einem Komplizen zugewiesen. Doch auch der hat nach RHEINPFALZ-Informationen inzwischen eine Erklärung eingereicht.

Bislang schwieg der 38-jährige Türke zum Doppelmord-Vorwurf, doch nun hat er dem Gericht eine bislang noch geheime Stellungnahme geschickt. Mit seinen 35 Seiten antwortet er vor allem auf die 107 Seiten seines 49-jährigen Landsmanns und Mitangeklagten, die schon im März vorgelesen wurden. Darin hatte der frühere Betreiber einer Frankenthaler Wellness-Oase behauptet, dass er nicht der Anführer einer Mörder- und Erpressertruppe gewesen sei, sondern deren „erstes Opfer“. Denn eine mysteriöse „Bande“ um den 38-Jährigen habe ihn mit Drohungen und einem für ihn erniedrigenden Sex-Video erpresst, nur deshalb – und mithin unter Zwang – will der 49-Jährige bei den Untaten mitgemacht haben. Dabei geht es vor allem um zwei Entführungen, die für die beiden Opfer jeweils tödlich endeten: Ein Automatenaufsteller aus dem badischen Brühl wurde Ende 2016 erdrosselt, der Ludwigshafener Bauunternehmer Ismail Torun starb Anfang 2017 auf die gleiche Weise.

49-Jähriger will versucht haben, Taten zu sabotieren

Glaubt man dem 49-Jährigen, dann hatte er zuvor noch erfolglos versucht, die beiden Verbrechen durch Sabotage zu verhindern. Sein Mitangeklagter hingegen beteuert nach RHEINPFALZ-Informationen nun, dass der Frankenthaler die Taten eingefädelt hatte. Bei den Entführungen geholfen haben will der 38-Jährige nur, weil ihm versichert worden sei, dass den Opfern nichts passieren werde. Also behauptet er jetzt auch, in beiden Fällen vom Tod der Männer überrascht worden zu sein. Der Automatenaufsteller starb demnach, als er mit dem 49-Jährigen in den Laderaum eines Lieferwagens gesperrt war. Der 38-Jährige saß derweil an dessen Steuer. Doch er will nur mitbekommen haben, dass der Frankenthaler in der Nähe des Ludwigshafener Willersinn-Weihers etwas aus dem Fahrzeug zerrte. Dass er da die Leiche des Geschäftsmanns in ein Gebüsch gelegt hatte, habe ihm der 49-Jährige erst später erzählt – und behauptet, der Entführte sei an einem Herzinfarkt gestorben.

Zweifel an untergeordneter Rolle des 38-Jährigen

Auf dem Fahrersitz will der 38-Jährige wenige Wochen später auch wieder gesessen sein, als der Ludwigshafener Unternehmer Torun sein Leben verlor. Dessen Leichnam wurde ins Dürkheimer Bruch gelegt – und damit in die Nähe einer Stadt, in die der angeblich nur als Helfer eingespannte Angeklagte enge Verbindungen hat. Und: Es gibt weitere Umstände, die daran zweifeln lassen, dass der 38-Jährige tatsächlich eine derart untergeordnete Rolle spielte. Schließlich scheint er unter den Angeklagten – neben den zwei Männern steht eine türkischstämmige Stuttgarterin vor Gericht, die mit angeblichen Geschäftsideen die Unternehmer köderte – der Einzige zu sein, der eine Verbindung zum ersten Opfer hatte. Denn er betrieb in Ludwigshafen ein Café, in dem Automaten des Brühlers standen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der 38-Jährige auch selbst an den Geräten Geld verspielte und deren Inhaber dafür verantwortlich machte.

Andere geplante Entführung scheiterte

Trotzdem behauptet er nun: Er habe dem 49-Jährigen lediglich von dem Automatenaufsteller erzählt. So habe der jetzige Mitangeklagte erfahren, dass der aus dem heutigen Kroatien stammende Brühler mit seinen Glücksspiel-Apparaten viel Geld verdient. Und deshalb habe der Frankenthaler diesen Mann als Opfer vorgeschlagen – nachdem ein anderer Unternehmer zu einem schon eingefädelten Treffen mit seiner Tochter anreiste, seine geplante Entführung deshalb gescheitert war. Im Fall dieses Mannes wiederum war es tatsächlich der Frankenthaler Angeklagte, zu dem die Verbindungslinie führt. Denn beide hatten sich wegen eines Immobiliengeschäfts zerstritten. Aber auch auf Torun sei der 49-Jährige sauer gewesen, sagt der 38-Jährige. Und auf den Ludwigshafener Lebensmittelhändler Hasan Dogan, dessen Entführung die Täter zeitweise ebenfalls planten. Wer von ihnen dabei wie viel Einfluss hatte, können sie noch eine ganze Weile lang vor Gericht ausdiskutieren.

Bis November Verhandlungstage angesetzt

Verhandlungstage für den Doppelmord-Prozess sind derzeit bis in den November hinein angesetzt. Heute sollen mehrere Zeugen vernommen werden – ehe vorgelesen wird, was der bislang schweigende Angeklagte zum Doppelmord-Vorwurf geschrieben hat. Auf dieser RHEINPFALZ-Seite finden Sie alle Informationen zum Fall Torun.

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