Rheinland-Pfalz Mannheimer Rechtsextremist zu NSU-Kontakten verhört

Stuttgart. Baden-Württemberger Landtagsabgeordnete versuchen schon seit Jahren, mehr über Unterstützer der NSU-Terrorbande im Südwesten herauszufinden. Gestern haben sie zwei Szenegrößen antreten lassen, die in der Pfalz verwurzelt sind: Christian Hehl, der einst Deutschlands bekanntester Skinhead war. Und Matthias Herrmann, der nun im Bundesvorstand der Neonazi-Partei III. Weg ist.
Die beiden Leinwände rechts und links des gülden schimmernden Landeswappens zeigen ein gut 20 Jahre altes Schwarz-Weiß-Foto. Ganz rechts am Bildrand ist ein massiger Mann zu sehen, der einst in Ludwigshafen einen berüchtigten Laden mit Musik und Kleidern für Rechtsextremisten betrieb und Deutschlands bekanntester Skinhead war. Nun sitzt er, leibhaftig und mit Totenkopf-Tatoo auf kahlem Schädel, hinter dem Rednerpult des Stuttgarter Landtags: Christian Hehl (NPD), inzwischen 48 Jahre alt, arbeitslos und Mitglied des Mannheimer Gemeinderats.
Mehr über Unterstützer herausfinden
Hier im Landtag allerdings darf er keine Politik machen,stattdessen muss er Fragen der Parlamentarier beantworten. Denn die haben einen Untersuchungsausschuss gebildet, der mehr über Unterstützer des NSU im Südwesten herausfinden will. Diese rechtsextreme Bande machen Ermittler für eine Anschlagsserie verantwortlich, bei der ab 1999 zehn Menschen starben. Als Kern der Terror-Truppe gelten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen 2011 in einem brennenden Wohnmobil lagen – und Beate Zschäpe, die seit 2013 in München vor Gericht steht. Dass Hehl als jemand gilt, der mehr über die NSU-Untaten wissen könnte, liegt unter anderem an dem Schwarz-Weiß-Foto. Es entstand 1996 bei einer illegalen Neonazi-Demonstration in Worms. Und zeigt, etwa zwei Meter hinter dem Ex-Ludwigshafener marschierend, eine schlanke junge Frau mit lockigen Haaren: ausgerechnet Beate Zschäpe. Also wollen die Abgeordneten von ihrem Zeugen jetzt wissen, ob er die spätere mutmaßliche Terroristin kannte. Und nach dem im gleichen Münchener Prozess als NSU-Unterstützer angeklagten Ralf Wohlleben fragen sie auch noch.
Früher Internet-Seite betreut
Denn dieser Ex-NPD-Funktionär aus Jena betreute früher die Internet-Seite des „Aktionsbüros Rhein-Neckar“, einem losen Bündnis, in dem sich Neonazi-Gruppen aus der Pfalz, aus Südhessen und aus Baden ab 2003 etwa zehn Jahre lang untereinander abstimmten. Hehl war dort eine Führungsfigur – zusammen mit, zum Beispiel, Matthias Herrmann. Der ist zunächst in Jena aufgewachsen, kam mit elf Jahren nach Mannheim, lebte später auch in Ludwigshafen und Bad Dürkheim und gehört mittlerweile dem Bundesvorstand der Neonazi-Partei III. Weg an. Auch er muss sich nun den Fragen der Stuttgarter Abgeordneten stellen, doch der 39-jährige Ingenieur gibt sich wortkarg – oft antwortet er mit Gegenfragen, noch lieber allerdings behauptet er, Erinnerungslücken zu haben. Der vielfach vorbestrafte Hehl hingegen präsentiert sich als ein Zeuge, der sich ein klein wenig geläutert hat: Als „Nationalist und Patriot“ sehe er sich immer noch, sagt er, aber er sei jetzt „viel gemäßigter“ als in früheren Jahren. Der Ausschuss möge doch bitte zur Kenntnis nehmen, dass er sich bemüht, „möglichst viel zur Aufklärung beizutragen“.
Überraschender Hinweis
Und so liefert der Mannheimer den Parlamentariern tatsächlich noch einen überraschenden Hinweis. Er hat in seinem Foto-Fundus ein von einer Antifa-Seite im Internet gefischtes Bild entdeckt, das zeige: Bei der Wormser Demonstration 1996 seien nicht nur – wie bislang bekannt – Zschäpe und Mundlos mitgelaufen, sondern auch der Dritte im späteren Terror-Bunde, Uwe Bönhardt. Doch persönlich gekannt haben will Hehl die drei nicht. Und auch von der Existenz einer Terrororganisation namens NSU habe er erst 2011 durch die Medien erfahren. Da allerdings stutzen einige Abgeordnete, schließlich ist Hehl in der Szene doch bestens vernetzt. Die Zweifel kann er durchaus nachvollziehen: „Es wundert mich ja auch, dass es an mir vorbeigegangen ist. Es wundert mich wirklich.“






