Politik Mehr Wölfe in Deutschland - Schäfer schlagen Alarm

Ist der Wolf eine Bereicherung der Artenvielfalt oder eine Gefahr für alle Nutztierhalter? Unter welchen Umständen soll – und darf – der Wolf abgeschossen werden? Diese Fragen treibt längst nicht nur Schäfer und Jäger um, sondern auch die Politik. Gestern hörte der Umweltausschuss des Bundestages Betroffenen zu – und war sich danach uneins über die Konsequenzen.

Man muss nicht das Märchen von Rotkäppchen bemühen, um die Urangst des Menschen vor dem Wolf zu illustrieren. Trotz seines schlechten Images ist der „Canis Lupus“ jedoch kein Tier, das den Menschen angreift, wohl aber Rind, Schaf und Ziege. Seit vor etwa 18 Jahren der Wolf wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist und die Naturschützer erfreut, klagen Landwirte und Berufsschäfer über Verluste in ihren Herden. Die Politik hat bereits reagiert. In betroffenen Bundesländern in Nord- und Ostdeutschland wurden „Wolfsmanagement“-Abteilungen eingerichtet, manche Länder zahlen Nutztierhaltern Entschädigungen, wenn ein Wolf ihre Tiere reißt. Doch die Möglichkeiten, dem Wolf Einhalt zu gebieten, sind gering. Das Wildtier gehört zu den streng geschützten Arten, so darf das Bundesjagdrecht nicht auf den Wolf angewendet werden. Er darf nur abgeschossen werden, wenn aus ihm ein „Problemwolf“ geworden ist, der Herden reißt und dem Menschen zu nahe kommt.

Wie viele Wölfe gibt es hier eigentlich?

Im Umweltausschuss des Bundestages wurde gestern deutlich, dass vieles noch im Ungefähren schwebt, was den Wolf angeht. Das beginnt schon bei der Frage, wie viele Wölfe es in Deutschland gibt. Eberhard Hartelt vom Deutschen Bauernverband sagte, es gebe mehr Wölfe als offiziell angegeben würden, schätzungsweise 1000. Diese Anzahl erfülle die vom Gesetz geforderte Minimalpopulation, man müsse jetzt die Halter von Schafen, Rindern und Pferden vor einem „uneingeschränkten Freilandversuch“ schützen. Es sei unmöglich und unbezahlbar, die Herden nur mit Hunden zu schützen oder mit Zäunen. Die Ansiedlung des Wolfes müsse in manchen Regionen konsequent durch „Entnahme von Rudeln“ verhindert werden. Hierfür müsse der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden. Ilka Reinhardt vom Lupus-Institut für Wolfsmonitoring und -forschung meinte, das Schießen der Tiere nütze nichts, wichtiger sei konsequenter Herdenschutz. Wölfe dürften gar nicht erst lernen, „dass Schafe lecker sind“. Für einen anderen Weg plädierte Wernher Gerhards vom Verein Sicherheit und Artenschutz: Es müsse regelmäßige Wolfstreibjagden geben, bei der die Tiere „nicht totgeschossen“, sondern „erschreckt werden“ sollten. Für die Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde wies Frank Hahnel darauf hin, dass Herden momentan mit Elektrozäunen und Herdenschutzhunden geschützt würden. Die Kosten dafür träfen die Schäfer hart. Sie seien ohnehin eine Berufsgruppe mit geringem Einkommen. „Wir pflegen die Landschaft, die Sie lieben, werden dafür aber nicht angemessen entlohnt.“

"Gar nicht erst lernen, dass Schafe lecker sind"

Die Abgeordneten gaben sich nach der fast dreistündigen Sitzung eher ratlos. Der EU-weite Schutzstatus des Wolfes ist kaum zu umgehen. SPD und Union sprachen sich für eine „Bestandsreduktion“ aus, sofern nötig. Die Grünen forderten, die Politik müsse für stabile Wolfsbestände sorgen und sichere Weidehaltung ermöglichen. Die FDP verlangt, den Wolf als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen. Die Linke plädiert für einen Rechtsanspruch auf Unterstützung von Herdenschutzmaßnahmen und den Ausgleich von Schäden durch Wolfsübergriffe. Die AfD will feststellen lassen, ob die Tiere wirklich Wölfe sind oder Mischlinge, die nicht geschützt sind.

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