LEITARTIKEL Es rumort in der politischen Landschaft

Bereitet die Partegründung vor: Hans-Georg Maaßen.
Bereitet die Partegründung vor: Hans-Georg Maaßen.

Im konservativen Lager wird es end. Jetzt will auch die Werteunion Partei werden. Wird sie sich nachhaltig etablieren können?

In Deutschlands politischer Landschaft rumort es. Ende Januar konstituiert sich die Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Am Wochenende hat die Werteunion beschlossen, Partei zu werden. Wer ist eigentlich diese Werteunion?

Sie wurde im März 2017 in Schwetzingen gegründet, wohl überwiegend von CDU- und CSU-Mitgliedern. Nach eigenen Angaben hat sie rund 6000 Mitglieder. Die Werteunion ist zwar keine Gliederung von CDU oder CSU, sie ist ein eingetragener Verein. Aber sie verstand sich zunächst als unionsnah. Die Gründung richtete sich ausdrücklich gegen die damalige CDU-Chefin Angela Merkel. Ihre Rolle in der Flüchtlingskrise 2015/16 brachte für die Gründer das Fass zum Überlaufen.

Merkel hat die CDU umgebaut

Wiewohl der Flüchtlingszuzug ein starker Gründungsimpuls war, so war er doch lediglich der letzte sprichwörtliche Tropfen. Denn den Konservativen in der Union missfiel der Merkel-Kurs schon länger. Merkel hatte die CDU umgebaut, geöffnet, liberalisiert – und dabei programmatisch entkernt. So erschloss sie zwar neue Wählermilieus für die Union und gewann Wahlen. Der Kurs aber entfremdete zunehmend Konservative.

Eine (zweifellos ungewollte) Folge des Merkel-Kurses war die Gründung der AfD (2013), eine andere die Gründung des Vereins Werteunion.

Im Mai 2021 wählte die Werteunion das CDU-Mitglied Max Otte an ihre Spitze. Das ist deshalb erwähnenswert, weil Otte dem Verein einen strammen Rechtskurs verordnete. Er nahm sogar das AfD-Angebot an, bei der Bundespräsidentenwahl 2022 als Kandidat der Rechtspopulisten anzutreten.

Gibt es eine Repräsentationslücke?

Vor diesem Hintergrund will die Werteunion nun Partei werden. Dabei ist unklar, ob das zuvörderst ein Projekt des Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen ist. Das Noch-CDU-Mitglied hat bereits bekundet, mit der AfD keine Berührungsängste zu haben. Aber wo genau er die Werteunion im rechtskonservativen Spektrum verortet, ist nicht ganz klar.

Was zur grundsätzlichen Frage führt: Gibt es tatsächlich eine Repräsentationslücke in diesem Spektrum? Die müsste zwischen der Merz-CDU und der AfD liegen.

Die Partei „Wir Bürger“ hat versucht, diese Lücke zu finden, davor die „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ oder die „Liberal-Konservativen Reformer“. Gefunden haben sie sie nicht. Über den Größenstatus einer Insektenpartei sind sie nicht hinausgekommen. Das gilt auch für das „Bündnis Deutschland“, „Die blaue Partei“ oder die „Basisdemokratische Partei Deutschland“.

Die Handschrift von Friedrich Merz

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat mit dem neuen Grundsatzprogramms die Ära Merkel ad acta gelegt. In Partei und Fraktionen gibt es zwar nach wie vor zahlreiche „Merkelianer“. Aber die Handschrift des Friedrich Merz und die seines Generalsekretärs Carsten Linnemann sind in der Ausrichtung der CDU unverkennbar. 180-Grad-Wende in der Flüchtlingspolitik, Pflichtdienstjahr, Renaissance der Kernenergie – das sind Angebote an das konservative Lager. Für die Merz-CDU gibt es keine Repräsentationslücke (mehr).

Es wird tatsächlich eng im konservativen Lager. Ob sich die Werteunion nachhaltig etablieren kann, ist fraglich. Sie wird jedenfalls dazu beitragen, dass sich die Parteien in diesem politischen Spektrum gegenseitig kannibalisieren.

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