Speyer Warum im Dom immer noch Weihnachten ist

Anziehungspunkt im Dom: Die Krippe ist bis Maria Lichtmess aufgebaut.
Anziehungspunkt im Dom: Die Krippe ist bis Maria Lichtmess aufgebaut.

Obwohl Heiligabend schon über einen Monat her ist, brennt am Dom-Weihnachtsbaum noch Licht und die Krippe ist noch aufgebaut. Hat man im Dom das Fest verpasst?

Der Weihnachtsmarkt ist längst abgebaut, auch die Deko in den Speyerer Häusern ist größtenteils verschwunden. An den Umtausch von Weihnachtsgeschenken denkt kaum noch jemand, und selbst im Winterschlussverkauf findet man nur noch mit viel Glück das Passende. Kurz: Weihnachten ist rum.

Anders scheint es im Speyerer Dom zu sein. Davor steht noch immer der große Weihnachtsbaum. Er ist nicht nur immer noch geschmückt – es brennt sogar Abend für Abend das Licht. Und auch im Dom selbst herrscht bis jetzt weihnachtliche Stimmung. Dazu tragen die Tannen im Chorraum bei, die noch immer weihnachtlich geschmückt sind. Vor allem aber die Krippe am westlichen Ende des Doms. Diese zieht über die Weihnachtszeit viele Besucher an, die eigens dafür in den Dom kommen.

Doch ist im Dom überhaupt noch Weihnachten? Diese Frage lässt sich gar nicht ganz genau beantworten, sagt Christoph Kohl, der als Domdekan bestens mit der Liturgie in der Kathedrale vertraut ist.

Auch für die Kirche ist Weihnachten rum

Eigentlich geht die Weihnachtszeit nur bis zum zweiten Januar-Wochenende. Denn im römischen Messbuch, in dem die Liturgie der katholischen Kirche klar definiert ist, heißt es: „Die Weihnachtszeit reicht von der ersten Vesper der Geburt des Herrn bis zum Sonntag nach Erscheinung des Herrn bzw. dem Sonntag nach dem 6. Januar einschließlich.“ Äußerlich wird das auch sichtbar, denn der Priester erscheint nicht mehr in Weiß, der Farbe aller Christusfeste, sondern in Grün. Diese Farbe wird für jede Zeit im Kirchenjahr verwendet, für die keine Farbe definiert ist. Sprich: Auch in der Kirche ist Weihnachten rum.

Doch warum steht dann die Krippe noch und der Weihnachtsbaum ist geschmückt? Dazu lohnt sich ein Blick in die Bibel, wo im Alten Testament auch die jüdischen Reinheitsgesetze stehen. Demnach galten Frauen 80 Tage nach der Geburt eines Mädchens als unrein und 40 Tage nach der Geburt eines Jungen. Das Lukasevangelium berichtet davon, dass Maria 40 Tage nach der Geburt Jesu zur „Reinigung“ in den Tempel geht. Zählt man ab Weihnachten 40 Tage, kommt man auf den 2. Februar.

Simeon gehört zu Kohls Lieblingsheiligen

Bis 1969 wurde an diesem Tag „Mariä Reinigung“ gefeiert. Danach hat man das Fest in „Darstellung des Herrn“ umbenannt und vom Marien- zum Christusfest umgedeutet. Im Lukasevangelium bekennen zwei Menschen, Simeon und Hanna, dass Jesus der Messias sei. Die beiden werden als Gottesvolk des Alten Bundes gedeutet, die den Messias in seinem Tempel begegnen. Simeon gehört zu Kohls Lieblingsheiligen, denn dem Propheten sei offenbart worden, dass er den Messias sehen werde, ehe er sterbe. Kohl: „Er hielt seine Hoffnung wach bis zu seinem Lebensende.“

In der Volksfrömmigkeit hat sich für den 2. Februar weder der Begriff „Mariä Reinigung“ noch „Darstellung des Herrn“ durchgesetzt. Kohl: „Eigentlich sprechen alle immer nur von Maria Lichtmess.“ Das liege daran, dass in dem Gottesdienst die Kerzen des Doms geweiht werden, die übers Jahr brennen. Auch dadurch leuchte Weihnachten, das viele mit Kerzen verbinden, noch einmal auf.

Dass die Krippe noch steht und der Baum geschmückt ist, habe aber auch damit zu tun, dass viele Menschen in der dunklen Jahreszeit das Licht suchen, so Kohl. Die Kirche komme diesen Menschen entgegen, indem sie diese Sehnsucht nach Licht befriedige.

„Der Baum leuchtet, weil die Menschen es brauchen“

Genauso passiert es aber auch schon vor Weihnachten. Die Adventszeit ist für die Kirche eigentlich eine Zeit der Buße. Erst am Abend des 24. Dezember beginnt Weihnachten. Trotzdem gibt es Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmusik vor allem im Advent. „Es ist schade, dass der Advent für die Menschen ausfällt“, sagt Kohl, denn wenn man den Advent ernster nehme, werde Weihnachten umso stärker. Sich gegen den Trend zu stellen und die Tanne vorm Dom dunkel zu lassen, hält der Domdekan aber auch nicht für richtig. „Der Weihnachtsbaum leuchtet, weil die Menschen es in der dunklen Jahreszeit brauchen.“ Im Dom selbst gelte aber: Erst am 24. Dezember wird geschmückt.

Endgültig für beendet erklärt wird die Weihnachtszeit nach dem 2. Februar. Doch zuvor wird um 18 Uhr noch einmal „Maria Lichtmess“ gefeiert. Dazu gehört nicht nur das Aufleuchten von Weihnachten und die Weihe der Kerzen, sondern auch der „Blasiussegen“ gegen Erkältungskrankheiten. Auch deshalb spiele dieser Tag eine wichtige Rolle in der Volksfrömmigkeit, so Kohl.

Und täglich grüßt das Murmeltier

In der Landwirtschaft spielte „Lichtmess“ früher eine große Rolle, denn an diesem Tag endete das Wirtschaftsjahr. Auch bei den Handwerkern hatte der Tag eine Bedeutung: Ab dem 2. Februar arbeitete man nicht mehr mit Kunstlicht, was mit einem frühen Feierabend für die Gesellen und Lehrlinge gefeiert wurde.

Auch eine alte Bauernregel gibt es für den 2. Februar: Wenn der Dachs an Lichtmess seinen Schatten sieht, kriecht er für weitere sechs Wochen in seine Höhle. Deutsche Auswanderer brachten diese Bauernregel im 19. Jahrhundert nach Pennsylvania. Da es dort keine Dachse gibt, musste man aufs Murmeltier zurückgreifen, woraus sich der „Groundhog Day“ entwickelt hat, bei dem ein Murmeltier das Wetter vorhersagt. Diese Tradition wird im Dom aber sicherlich keine Rolle spielen.

Domdekan Christoph Kohl
Domdekan Christoph Kohl
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