Speyer „Gefordert, aber nicht überfordert“

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„Wir schaffen das.“ Der Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist derzeit auch häufig Programm in Speyer. Für Sozialeinrichtungen und Verwaltungen bringen die mehreren 100 Flüchtlinge, die in diesem Jahr neu in die Stadt gekommen sind, deutliche Mehrarbeit mit sich. Sie strecken sich und bekommen teilweise mehr Personal. Ein Überblick.

Das Aufgabenprofil für die Sachbearbeiter habe sich wenig verändert, „dafür aber die Anzahl der Menschen, die Speyer zugewiesen werden, in erheblichem Umfang“. So berichtet die städtische Pressestelle auf Anfrage der RHEINPFALZ über die Abteilung 410 der Stadtverwaltung, die mit dem Thema Asyl befasst ist. Neue Aufgaben wie die Immobiliensuche und Absprachen mit Sicherheitsdiensten seien dennoch hinzugekommen. Täglich gebe es neue Herausforderungen, aber bisher sei es „in der Regel gelungen, alle anderen Aufgaben ohne große zeitliche Verzögerung zu bearbeiten“. Um dies auch künftig zu gewährleisten, würden Jobs geschaffen: Zwei zusätzliche sozialpädagogische Mitarbeiterinnen gebe es bereits, auch 1,5 Hausmeisterstellen mehr als früher. Für die neue Verwaltungseinheit „414 – Asyl“ seien außerdem drei weitere Stellen eingerichtet worden. Für die nächste Zeit habe die Verwaltung nochmals 13 Stellen für den Bereich Asyl beantragt. (pse) Vermehrter Zuzug von Flüchtlingsfamilien sowie Kindern ohne Elternbegleitung stelle die Kinderschutzdienste „in Zukunft vor neue Herausforderungen“, sagt der Leiter des Caritas-Zentrums Speyer, Pascal Thümling. „Viele sind von Gewalt traumatisiert. Wir haben im Kinderschutzdienst mit Schulungen vorgesorgt, das zu erkennen“, berichtet er. Ein weiteres Problem sei die Sprache. „Wir haben zwar einen Dolmetscherpool in Germersheim, der aber angesichts der Nachfrage nicht ausreicht“, so der Leiter. Zum 1. Januar 2016 wolle die Caritas in der Flüchtlingsunterkunft in der Speyerer Kaserne ein Beratungsangebot starten. Thümling: „Dazu haben wir zweieinhalb neue Stellen geschaffen.“ Auch in den übrigen Beratungsstellen gehörten nun Flüchtlinge zu den Kunden: „Sie haben Gewalt in der Familie erfahren, Alkoholprobleme und psychische Probleme.“ (ccd) Die Herausforderung sei klar, hat Franz Jung, Generalvikar der Diözese Speyer, in dieser Woche bei einer Veranstaltung zum Qualitätsmanagement-Prozess in den acht katholischen Kitas Speyers in Richtung Politik gesagt: „Wie gehen wir mit den vielen Flüchtlingen um, die in unseren Einrichtungen sein werden? Gibt es dazu Hilfestellungen von anderer Seite? Werden da Rahmenbedingungen geschaffen? Ich habe den Eindruck von einem Gespräch in Mainz, dass man das wahrnimmt.“ Auch die Erzieher haben an diesem Abend die Frage nach dem Umgang mit der kulturellen und religiösen Vielfalt in den Kitas gestellt. Jung antwortete: „Katholischsein steht nicht dagegen. Man kann nur über Religion reden, wenn man sie lebt. Ich sehe viele Anknüpfungspunkte.“ (ccd) Flüchtlinge sind beim Jobcenter „als Zielgruppe definiert“, sagt Lars Zickgraf. Er arbeitet im Büro der Ludwigshafener Geschäftsführung. Die Mitarbeiter im gesamten Bezirk mit Rhein-Pfalz-Kreis, Speyer und Frankenthal seien gefordert, aber nicht überfordert, sagt er. Demnach erwartet das Jobcenter im nächsten Jahr rund 1900 zusätzliche arbeitsfähige Kunden aus dem Bereich der anerkannten Flüchtlinge. „Darauf sind wir vorbereitet“, weist Zickgraf auf geplante personelle Aufstockung und Qualifizierung hin. Überlegungen, ob die Speyerer Flüchtlinge in speziellen Einheiten betreut werden könnten, liefen noch. Sprachlich bestehe bei den bereits im Jobcenter Beschäftigten mehr Potenzial als gedacht, berichtet Zickgraf von etlichen Mitarbeitern, die über gute Englisch- oder Arabisch-Kenntnisse verfügten. Darauf werde auch bei Neu-Einstellungen in diesem Bereich geachtet. Für die Mitarbeiter sei der Umgang mit Migranten nicht neu, sagt Zickgraf. „Wir haben schon seit vielen Jahren mit anderen Kulturkreisen zu tun.“ Fortbildungen für Flüchtlinge und Migranten seien im Angebot. „Unser Ziel ist es, auch diese Personengruppe in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, betont der Mitarbeiter. (kya) Zusätzlichen Bedarf gibt es auch im Bereich der Schulsozialarbeit. Ein aktuelles Beispiel aus Speyer: Für die Grundschule Woogbachschule soll der Jugendhilfeausschuss am kommenden Mittwoch deren Aufstockung um eine halbe Stelle beschließen. Es seien „zahlreiche Kinder und Familien des Erlichhauses mit überdurchschnittlich hohem Betreuungs- und Beratungsbedarf“ hinzugekommen, erklärt dies die Stadtverwaltung. Zwischenzeitlich war ein Sozialarbeiter der Erlichschule an die Woogbachschule abgeordnet, was dort wiederum zu Problemen führte: „bestehende sozialpädagogische Bedarfe von Förderschülern und ihren Eltern“ hätten nicht aufgefangen werden können. Im Fall der Stellenaufstockung sollen künftig beide Schulen ausreichend versorgt sein. (pse)

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