Rhein-Pfalz Kreis Ruhige Zeiten mit Schwarz-Rot

Jürgen Creutzmann

drückt sich gewohnt unverblümt aus: „Wenn Sie Grabesruhe als gut bezeichnen wollen, ist es eine gute Koalition.“ Dem Fraktionssprecher der FDP ist es zu still in Kreistag und Ausschüssen. Die Koalitionspartner sprächen sich ab – „und das war es dann auch schon, da kommt kaum noch eine Diskussion auf“. Da Kreistagsmitglieder Teil der Verwaltung seien, gebe es keine Opposition im eigentlichen Sinne, aber eine Kontrollfunktion sollten die Politiker außerhalb des Bündnisses schon einnehmen. „Ich habe jetzt zum Beispiel darauf bestanden, den Jahresabschluss 2012 zu bekommen. Die wollten mir die 600 Seiten erst per E-Mail schicken – zum Selbstausdrucken. Jetzt habe ich sie per Post bekommen und ackere sie durch.“ Bevor Creutzmann das Zahlenwerk genau kennt, moniert er schon mal eines: dass es der Jahresabschluss 2012 ist, „und wir haben 2015“. Was Creutzmann außerdem stört: Der Haushalt sei nicht korrekt aufgestellt worden. Vieles werde darin als „Investition verkauft“, was eigentlich keine sei. So schlichen sich Verluste über Umwege, sprich Abschreibungen, in den Ergebnishaushalt, anstatt dass sie dort direkt verbucht würden. „Es wird nicht ordentlich gerechnet.“ Zu reibungslos geht es auch dem Grünen-Fraktionssprecher Heinz-Peter Schneider zu. Ein Problem sieht er darin, dass CDU und SPD fast alle Bürgermeister in den Kreisgemeinden stellen und auf dieser Ebene ebenfalls eng zusammenarbeiten. So werde vieles außerhalb der Kreisgremien besprochen und geregelt. Und: „Die Musik spielt beim Landrat.“ Clemens Körner (CDU) mache zwar auch manches gut, aber große Initiativen hätten die großen Parteien bislang nicht gestartet. „Es gibt keine konkreten Projekte, die sie in dieser Legislaturperiode umsetzen möchten. Das ist alles etwas profillos“, sagt Schneider. Im Baubereich gebe es jetzt zumindest mehr Informationen von den Baustellen als früher. Das Budget sei aber noch immer sehr hoch, manche Ausgaben sollten noch mal überdacht werden, zum Beispiel die teure Bahnunterführung in Schifferstadt. Die Bürgerbeteiligung hält der Grünenchef unverändert für mangelhaft. Sein Vorschlag: statt einfach den Catering-Vertrag laufen zu lassen, mal Lehrer und Schüler fragen, wie zufrieden sie mit dem Essen in der Mensa sind. Gespannt ist Schneider auf den Nahverkehrsplan, der Ende des Jahres oder Anfang 2016 diskutiert werde. Für die Kommune bedeute das die Chance auf Verbesserungen, wobei alles bezahlbar bleiben müsse. „Zu viel Gewohnheitszustimmung“, kritisiert AfD-Fraktionssprecher Stefan Scheil die Situation. Zudem stört ihn die Erwartungshaltung, dass immer alle zustimmen – selbst wenn mal etwas kontrovers diskutiert werde und obwohl manches bis zuletzt nicht transparent sei. Als Beispiel nennt er die Neuvergabe des Linienbusbündels. „Die Gehälter der Busfahrer sind gesunken, die Kosten für den Kreis aber gestiegen. Das wurde nie richtig aufgeklärt.“ Wie die große Koalition mit Geld umgeht, missfällt ihm ohnehin. Statt die Neuverschuldung zu bremsen, würden neue Schuldenrekorde aufgestellt. Vieles laufe einfach weiter wie gehabt, vor allem der Trend, bei Bauvorhaben die Luxusausführung zu wählen. Auch Scheil vermisst Eigeninitiative der Koalition: „Sie springen immer nur auf Projekte des Bundes und des Landes auf.“ Darüber hinaus ist er mit der Zusammensetzung des Migrationsbeirats unzufrieden: „Sie ist nicht repräsentativ für den Rhein-Pfalz-Kreis.“ Ob der öffentliche Personennahverkehr mit dem neuen Partner besser geworden ist, bezweifelt er. Die Busse seien luxuriöser, doch seine Heimatgemeinde Neuhofen sei beim Takt deutlich abgehängt worden. „Es läuft noch geschmeidig“, beschreibt FWG-Chef Jürgen Jacob die Zusammenarbeit. Es gebe keine großen Aufreger. Er merkt an, dass die Regierungsmannschaft eher verwalte als gestalte. „Allerdings fehlen für mehr oft die finanziellen Mittel – das muss man auch sehen.“ Auch wenn Jacob findet, dass Parteikollegin Rosemarie Patzelt als Kreisbeigeordnete Meilensteine im Sozialbereich gesetzt habe, ist er mit der Arbeit ihres Nachfolgers Martin Haller (SPD) nicht unzufrieden. „Es ist vielleicht auch zu früh, um ein klares Bild zu haben.“ „Partnerschaftliches Niveau“ und „Augenhöhe“ lauten die Schlagworte mit denen Peter Christ die Zusammenarbeit mit der SPD beschreibt. Als Fraktionssprecher der CDU gilt er als Verteidiger des Bündnisses, das seiner Meinung nach die richtigen Schwerpunkte setzt: Haushalt bereinigen, Flüchtlinge integrieren, Schulen sanieren, Schulsozialarbeiter installieren, Volkshochschulprogramm erhalten, Nahverkehr verbessern und Wertstoffhöfe optimieren. Auch Hans-Dieter Schneider, Fraktionsvorsitzender der SPD, spricht von einer „vertrauensvollen Zusammenarbeit“. Ob ihn das überrascht? „Nein, wir sind schon immer ordentlich miteinander umgegangen, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung waren“, sagt Schneider. „Sonst würde das jetzt nicht funktionieren.“ Im vergangenen Jahr habe man sich zum Beispiel den „großen Herausforderungen im sozialen Bereich“ gewidmet und eine neue Stelle geschaffen, die sich um Flüchtlinge kümmert. Auch das Thema Breitbandversorgung sei man angegangen, „auch wenn wir da noch am Anfang stehen“. Ob die große Koalition nach den bisherigen Erfahrungen eine Option für die Zeit nach der nächsten Wahl sein könnte? „Erst mal will man eine eigene Mehrheit aufbauen“, sagt Schneider. „Aber wenn das nicht klappt, kann man auch so gut arbeiten.“

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