Germersheim Holocaust-Gedenktag: Viele politische Farben und eine demokratische Haltung

Mehrere Hundert Menschen folgten dem Aufruf von CDU, SPD, Grüne, FWG und FDP zur Mahnwache für die Demokratie.
Mehrere Hundert Menschen folgten dem Aufruf von CDU, SPD, Grüne, FWG und FDP zur Mahnwache für die Demokratie.

Erst ein Rundgang zu den in der Stadt Germersheim verlegten Stolpersteinen und dann eine Mahnwache unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt! – Mahnwache für die Demokratie“. Mehrere Hundert Menschen waren in ihrer Haltung geeint.

Der 27. Januar ist seit dem Jahr 2005 Holocaust-Gedenktag. Ins Leben gerufen von den Vereinten Nationen anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau an diesem Tag im Januar vor nunmehr 79 Jahren. Rund 250 bis 300 Menschen aus Germersheim und dem Landkreis nahmen am Samstagmittag an einem Rundgang zu den in der Stadt verlegten Stolpersteinen teil, organisiert vom Aktionsbündnis Germersheimer Stadträte von CDU, SPD, FWG, Grüne und FDP. An den im Gehsteig eingelassenen Stolpersteinen, vor den ehemaligen Wohnhäusern der durch Nationalsozialisten vor über 80 Jahren deportierten Germersheimer Bürger, wurden Blumen niedergelegt und ihrer kurz gedacht. Es bedurfte keiner Worte durch die Organisatoren des Rundgangs. Trommeln musste auch niemand. Immer wieder mussten Autofahrer stoppen oder einen Umweg fahren, weil die Fußgänger bei ihrem Marsch durch die Stadtmitte die Hauptstraße oder andere Straßen kurzzeitig blockierten.

Bürgermeister Marcus Schaile und Peter Meyer legen an Stolpersteinen Blumen nieder.
Bürgermeister Marcus Schaile und Peter Meyer legen an Stolpersteinen Blumen nieder.

Am Paradeplatz warteten bereits weitere 100 bis 150 Menschen – so dass am Ende zwischen 350 und 450 Menschen „Gesicht zeigen für unsere Demokratie“, wie CDU-Kreisvorsitzender Thorsten Rheude bei seiner kurzen Begrüßung auf der Brücke zum Einkaufszentrum sagte. Die Kreisverbände der demokratischen Parteien von CDU, SPD, Grünen, FWG und FDP hatten zu „Nie wieder ist jetzt! – Mahnwache für die Demokratie“ eingeladen. Angeschlossen hatten sich dem auch die protestantischen und katholischen Kirchengemeinden sowie muslimische Verbände.

Schon auf dem Nardini-Platz haben sich mehrere Hundert Menschen versammelt.
Schon auf dem Nardini-Platz haben sich mehrere Hundert Menschen versammelt.

Mit Meinungen auseinandersetzen

Martin Brandl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU im Mainzer Landtag und Landratskandidat der CDU, ist „stolz auf unsere Demokratie“, die 1945 gegründet wurde, und es gelte sie „heute zu verteidigen“. Die Erinnerungskultur in Deutschland müsse weiter „gepflegt werden“. In einer Demokratie „muss es auch andere Meinungen geben“, sagte Brandl. Doch müsse man sich damit „maßvoll auseinandersetzen“. Denn „die Menschenwürde ist unantastbar“. Das Vertrauen in den Staat sei „ein Stück weit erschüttert“. Doch sei es wichtig „miteinander zu reden, nicht übereinander“.

Zusammen ziehen sie zum Paradeplatz.
Zusammen ziehen sie zum Paradeplatz.

Ziya Yüksel, Vorsitzender des Migrationsbeirates im Landkreis und Landratskandidat der SPD, erinnerte an Auschwitz als „Ausdruck des Rassenwahns“. Für ihn zeigen die Teilnehmer der Veranstaltung am Paradeplatz , dass es „Menschen gibt, die das Land nicht aufgegeben haben“. Menschen mit Migrationshintergrund haben „dieses Land mitaufgebaut“. Es freut den türkischstämmigen Deutschen Yüksel, dass in „meiner Heimat so viele Menschen zusammenstehen“. Die Politiker und Menschen bei der Mahnwache stehen „getrennt in Farben“ und „geeint in der Haltung“ hier, sagt Yüksel, denn „nie wieder ist jetzt“.

Zu „zeigt Flagge, widersprecht den Demokratiefeinden“, forderte der Ko-Vorsitzende des Kreisverbands der Grünen, Pascal Endres, die Zuhörer auf. Es sei soweit gekommen, dass ungeniert Fanatismus gezeigt werde „Mitmenschen zu deportieren“. Es gelte „jetzt aufzustehen und Nein zu sagen“. Am Samstag gebe es über 300 Demonstrationen gegen Rechts, „gegen Hass und Hetze“. Der beste Verfassungsschutz „ist der mündige Bürger“, deshalb habe ich euch „mit Verfassungsschützer begrüßt“, sagte Endres. Und auch er wiederholte die Worte: „Nie wieder ist jetzt!“.

Schweigeminute für NS-Opfer

„Nein zu Nationalismus, nein zu rechtem Gedankengut“, sagte Volker Hardardt, Lustadts Ortsbürgermeister und Landratskandidat der FWG. Man müsse dagegenhalten, solle „nicht schweigen, wenn rechtsextreme Äußerungen gemacht werden“. Es gelte die Werte der Demokratie weiterzuvermitteln, auch an jüngere Generationen. Es dürfe „nie wieder zu autoritären Verhältnissen“ kommen.

Die SPD zeigt Flagge: „Nie wieder ist jetzt!“
Die SPD zeigt Flagge: »Nie wieder ist jetzt!«

„Wir haben seit über 80 Jahren in Frieden gelebt“, sagte die FDP-Stadträtin Heidi Kokkinis-Protz. Sie zeigte ihre Familiengeschichte auf, die eng verbunden mit der Zeit des II. Weltkrieges und dem Wiederaufbau eines demokratischen Deutschlands ist. Wo 18-Jährige im Elsass ihr Leben ließen, Väter in vielen Ländern Europas gekämpft haben, mit einem der letzten Flugzeuge aus Stalingrad herausgeflogen, in Kriegsgefangenschaft waren und heimkamen, in der Hoffnung, viele Länder in Friedenszeiten noch einmal bereisen zu können – was nie geschehen war. Und in den vielen Jahren danach sei „Europa zusammengewachsen“. Für alle Redner gab es viel Applaus und Zustimmung. Am Ende gab es eine Schweigeminute für die aus Germersheim Deportierten und Thorsten Rheude nannte jeden Namen der Verschleppten.

Die Redner auf der Brücke rufen dazu auf, die Demokratie zu verteififen.
Die Redner auf der Brücke rufen dazu auf, die Demokratie zu verteififen.
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