Donnersbergkreis Digital auf Erkundung der Demokratie

Zur Eröffnung nutzten auch Schüler bereits die umfangreiche Präsentation.
Zur Eröffnung nutzten auch Schüler bereits die umfangreiche Präsentation.

Schüler des NPG fanden am Freitagmorgen überrascht das Foyer in eine helle Ausstellungshalle verwandelt: leuchtende Stelen mit Schrift-Informationen, Fotos, Grafik auf Glas, mannshohe Plexiglasfiguren, große Monitore mit einschlägigen Filmsequenzen. Die komplette rechte Wand als Sitzungssaal dekoriert, sogar ein originaler Sessel samt kleinem Tisch mit Mikrofon aufgebaut, der sich als Abgeordneten-Arbeitsplatz entpuppte. Die seit 2005 bestehende, nun auf hochmodern geliftete Wanderausstellung des rheinland-pfälzischen Landtags hat auch Kirchheimbolanden erreicht und wird hier bis 24. Oktober bleiben.

Zur Eröffnung hatten sich neben einigen Politikern auch Schüler eines Sozialkunde-Leistungskurses samt Lehrer als Adressaten und Vorhut hoffentlich vieler weiterer Besucher eingefunden. Selbstverständlich für den gymnasialen Schauplatz war die musikalische Umrahmung durch Mitglieder des Schulorchesters (ein Walzer aus der „Jazz-Suite“ von Schostakowitsch, später „Tea for Two“); es folgte die Begrüßung durch Schulleiter Thilo Franke, der sich freute, dass die CDU-Landtagsabgeordnete Simone Huth-Haage diese „gar nicht altbackene“ Ausstellung nach Kibo und an seine Schule gelotst hatte: „Was zum Anfassen für die Schüler, der Landtag in Fleisch und Blut.“ Womit er nicht zuletzt die digitale Aufrüstung der Exponate meinte, die ihm bekanntermaßen auch für den Unterricht am Herzen liegt. Die Bolander Politikerin war übrigens wie die gleichermaßen anwesende SPD-Wahlkreisabgeordnete Jaqueline Rauschkolb ehemals NPG-Schülerin. Kreisbeigeordneter Michael Ruther sah den Sinn der Ausstellung – gerade mit Blick auf seine jungen Zuhörer – darin, „Mut zur Demokratie“ zu machen und Lust darauf, diese auch „zu leben und zu verteidigen“– zumal gegen die gegenwärtigen großen „Vereinfacher und Vergangenheitsverleugner“ von rechts. Ein Gedanke, den der stellvertretende Landtagspräsident Hans-Josef Bracht vertiefte: Die Ausstellung wolle junge Leute an die Politik heranführen, die zu ihr heute oft keinen richtigen Zugang fänden. Etwa deshalb, weil das Angebot an privaten wie gesellschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten ungleich größer als früher sei, Politik aber auch schwieriger und die Parteienlandschaft unübersichtlicher erscheine, was – wie im Bundestag – Koalitionsbildungen und später das Regieren ungemein erschwere. Zudem greife die EU verstärkt in die nationale Politik ein und tue sich gleichzeitig schwer mit sich selbst. Politik werde oft nur noch als Streit wahrgenommen. Aber dann bricht Bracht trotz alledem eine Lanze für politische Beteiligung: In der Politik gehe es eben oft nicht um „richtig“ oder „falsch“, sondern um legitime unterschiedliche Meinungen und Wertvorstellungen; und Demokratie sei die Ordnung, die hier noch am besten immer wieder einen Ausgleich finden könne. Und zu den Schülern mit Nachdruck: „Wenn ihr eure demokratischen Rechte nicht wahrnehmt, entscheiden andere!“ Nur wenn viele mitmachten, könne Demokratie leben – der bequeme Weg führe in die Diktatur, wie gerade wir Deutschen wüssten. Und: „Gebt den Parteien eine Chance!“ Auch wenn sie als Organisationen nicht gerade immer begeisterten: Es gebe keine bessere Form, viele individuelle Vorstellungen zu bündeln. Die Ausstellung selbst ist attraktiv verpackte Wissensvermittlung. Die 17 Leucht-Stelen beantworten viele Fragen rund um das Landesparlament, wie: Welche Stellung hat Rheinland-Pfalz in Deutschland und Europa? Da erfährt der Besucher beispielsweise, dass dieses Bundesland tatsächlich zwei Jahre älter ist als die Gesamtrepublik: Am 18. Mai 1947 schon stimmten hier die Bürger über ihre Verfassung ab und wählten ihren ersten Ministerpräsidenten. Wie wird der Landtag gewählt? Neben der Textinformation eine Rheinland-Pfalz-Karte als schwarz-roter Flickenteppich: Und schon hat man eine Vorstellung von der politischen Geographie des Landes seit den letzten Wahlen. Wozu politische Parteien? Hier gibt es unter anderem ein farbiges Säulendiagramm, das die Mitgliederzahlen augenfällig vergleicht. Warum wählt der Landtag das Oberhaupt des Landes und nicht das Volk direkt? Wer ein bisschen auf der Stele forscht, hat das Geheimnis unseres „parlamentarischen“ Regierungssystems verstanden, das eben etwas anders tickt als das präsidiale der USA oder Frankreichs. Die Plexiglas-Figuren samt Tablets zur weiteren Information stehen für Akteure der Landespolitik, die sich selbst vorstellen: Landtagspräsident, Landtagsabgeordnete, Fraktionsvorsitzende, nicht zuletzt aber auch die Bürger als besonders lebenswichtige Akteure der freiheitlichen Demokratie. Andererseits aber auch nicht eben unwichtig: der Ministerpräsident, aktuell die Ministerpräsidentin. Sie rühmt sich als Ausstellungs-Plexiglas-Figur gleich dreifacher demokratischer Legitimation: Gewählt als Abgeordnete von der Bürgerschaft, als Kandidatin für das Regierungsamt nominiert von der Partei, gewählt schließlich vom Landtag. Wer etwas verschnaufen will, kann sich vor einem der großen Monitore einen neuen Film (16 Minuten) ansehen, in dem eine junge Abgeordnete durch den Mainzer Parlaments-Campus führt. Auf die Möglichkeit, den Landtag selbst zu besuchen, weist der Landtags-Vize vehement hin, ja wünscht sich mit seinen Kollegen von Herzen, dass viele – gerade auch Schulklassen – kommen und die Landtags-Tribüne bevölkern, die es auch im gegenwärtigen Ersatzdomizil (während das ehrwürdige „Deutschhaus“ renoviert wird) im Steinsaal des Landesmuseums gibt. Oder die Abgeordneten, zumal die des eigenen Wahlkreises, direkt mit Wünschen, Sorgen, Nöten, Vorschlägen zu traktieren, worauf diese bereitwillig eingingen, denn auch dazu wissen sie sich ja gewählt.

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