Rheinland-Pfalz Die Kelten-Kanne aus dem Nichts

Diese Schnabelkanne wurde in Bad Dürkheim sichergestellt.
Diese Schnabelkanne wurde in Bad Dürkheim sichergestellt.

«BAD DÜRKHEIM.» Vergeblich hat ein Bad Dürkheimer versucht, eine frühkeltische Bronzekanne bei einem Londoner Auktionshaus zu versilbern. Weil Experten vermuten, dass das rund 2400 Jahre alte Gefäß aus einer Raubgrabung stammt, wurde es von der Polizei beschlagnahmt. Dagegen klagte der verhinderte Verkäufer. Das Verwaltungsgericht Neustadt entschied: Die wertvolle Kanne bleibt sichergestellt. Es soll nach dem rechtmäßigen Eigentümer gesucht werden.

Der 55 Jahre alte Bad Dürkheimer hatte die Schnabelkanne mit der markanten Maskenverzierung vor drei Jahren bei einem Londoner Auktionshaus versteigern wollen. Dort wurde das Gefäß mit einem Wert von 95.000 bis 120.000 Euro angegeben. Ein Archäologe sah das und war elektrisiert: In der Fachwelt sind nur sechs vergleichbare Grabungsfunde aus der Frühlatènezeit (450 bis 250 vor Christus) bekannt. Und Experten konnten die Kanne keinem bekannten Fund zuordnen. – Stammt sie womöglich aus der Hand von Raubgräbern? Das Bundeskriminalamt schaltete sich ein, ermittelte den Bad Dürkheimer als Auktions-Einlieferer und sorgte dafür, dass die Kelten-Kanne an ihn zurückgeschickt wurde. Dort wurde das Gefäß im März 2016 bei einer Durchsuchung der Wohnung des 55-Jährigen sichergestellt. Ein halbes Jahr später stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Begründung: Die Sache sei strafrechtlich verjährt. Damit hätte die Kanne eigentlich dem Bad Dürkheimer zurückgegeben werden müssen. Da aber unklar war, wem das Gefäß gehört, ordnete das Land Rheinland-Pfalz seine Sicherstellung an. Grundlage dafür war das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Danach ist eine solche Maßnahme zulässig, um den wahren Eigentümer „vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen“. Der Bad Dürkheimer, der übrigens ein Magister-Examen in Archäologie abgelegt hat, war daran nicht unschuldig. Hatte er doch über die Herkunft der Kanne verschiedene Versionen verbreitet. Dem Auktionshaus hatte der 55-Jährige erklärt, er habe das Gefäß von einem Sammler erworben, der es 2006 in den Niederlanden habe restaurieren lassen. Demgegenüber behauptete er in einer Mail an seinen früheren Archäologie-Professor, eine sehr wohlhabende Russin habe ihm die Kanne gezeigt. Diese Frau habe behauptet, ihre Familie habe sie selbst restaurieren lassen. Die Ermittlungen führten zu weiteren Ungereimtheiten. So erklärte die Witwe jenes verstorbenen Sammlers, von dem der Dürkheimer das Bronzegefäß erworben haben will: Von einer Restaurierung in Holland wisse sie nichts. Und ihr Sohn war sich sicher: Das bei der verhinderten Auktion angebotene Lot sei nicht die Kanne seines Vaters gewesen. 18 namhafte Kelten-Experten untersuchten das Gefäß, im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz wurde zudem eine Autopsie und beim Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg eine CT angefertigt. Danach waren sich die Fachleute sicher: Die Schnabelkanne stamme aus einem bisher unbekannten frühkeltischen Fürstengrab. Das Grab befinde sich irgendwo in Südhessen, Rheinhessen, der Pfalz, Baden und dem Einzugsgebiet des Neckar. Und: Das Gefäß müsse aus einer mit Hilfe eines Metalldetektors erfolgten Raubgrabung stammen. Die Klage, mit der der Bad Dürkheimer sich gegen die Sicherstellung der Kanne wehrte, wies das Verwaltungsgericht nun rechtskräftig ab: Es gebe keinerlei Kaufbelege, der 55-Jährige habe sein Eigentum an dem Gefäß nicht nachweisen können. Als studierter Archäologe habe er wissen müssen: Würde eine so extrem seltene Kanne aus einer legalen Grabung stammen, wäre sie der Fachwelt bekannt. Deshalb habe er das Objekt auch nicht gutgläubig erworben. Zwar sei unklar, wer Eigentümer der Kanne sei. Aber es sei nicht auszuschließen, dass bei weiteren Untersuchungen die Herkunft des Gefäßes noch festgestellt werden kann.

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