Ausstellung „Becoming Cobra“ in der Kunsthalle Mannheim

Mit Max Walter Svanberg („Minotaurus“, 1946) gelangte Cobra auch nach Schweden.
Mit Max Walter Svanberg (»Minotaurus«, 1946) gelangte Cobra auch nach Schweden.

Die Künstlergruppe „Cobra“ hat sich 1948 formiert und gehört damit zur Klassischen Moderne. Wie sie zusammenfand und was sie war, darauf will die Kunsthalle Mannheim in einer Schau Antworten geben.

Freiheit, Neubeginn, politische Aktion: Man kann sich einigermaßen vorstellen, was das Ende von Krieg und NS-Zeit, von Tyrannei und Unterdrückung, in den Köpfen von Künstlern ausgelöst haben mag. Verdichtet ist das ablesbar an der Künstlergruppe „Cobra“. „Becoming Cobra“ heißt die Ausstellung, die Kunst an einer „Stunde Null“ zeigt, an einem radikalen Umbruch und Neubeginn, antielitär, ursprünglich, geprägt vom Drang nach Freiheit, Frieden, politischem Protest. Kinderzeichnungen werden zum Ausgangspunkt einer neuen Ursprünglichkeit und des Wunsches, Kunst an ihren Wurzeln neu abzuholen – Cobra wird nachgerade als Kunstform definiert, „die die Kindheit anstrebt mit Mitteln, die Erwachsenen zur Verfügung stehen“. Auch Volkskunst in ihrer internationalen Vielfalt ist ein Bezugspunkt, verbunden mit dem Wunsch, eine neue „Volkskunst“ ins Werk zu setzen. Die Energien, die die NS-Zeit als entarte Kunst zu ersticken versuchte, sie kommen nun in voller Wucht zum Geltung.

Aufbruchstimmung und Manifest

„Cobra“ steht hier nicht nur für die gefährliche Schlange als Symbol. Das Wort verknüpft zunächst ganz profan die Heimatstädte der Gründer: Kopenhagen, Brüssel und Amsterdam. Es sind der Däne Asger Jorn, der Belgier Christian Dotremont und die Niederländer Corneille (Guillaume Cornelis van Beverloo), Karel Appel und Constant (Constant Anton Nieuwenhuys), alle damals zwischen 25 und 35 Jahre alt. Auf Reisen quer durch Europa sind sie einander begegnet. Aus ihrer gemeinsamen Aufbruchstimmung heraus gründen sie am 8. November 1948 diesen transnationalen Zusammenschluss von Künstlerinnen und Künstlern und geben ihm ein Manifest und den Namen Cobra.

Erste Ausstellung in Amsterdam

Eine große Ausstellung in Amsterdam ist im folgenden Jahr erster Ertrag und Fanal dieses Aufbruchs, der bald europaweit Beachtung findet und viele Künstler inspiriert. Aus Deutschland fällt beispielsweise der Name Karl Otto Götz auf – später Wegbereiter des Informel und einer der einflussreichsten und bekanntesten Künstler Deutschlands. Der Zusammenschluss kommt nicht aus dem Nichts, sondern knüpft an geistesverwandte Initiativen an, die Künstlergruppe Ra in der Tschechoslowakei oder die Gruppe der revolutionären Surrealisten, die Dotremont ins Leben gerufen und deren Impulse er in die Cobra-Gruppe eingebracht hat.

Großes Vorbild Paul Klee

Was aus diesen Ausgangspunkten künstlerisch geworden ist, davon zeugt die Ausstellung in breiter Vielfalt – archaisch, rau, bunt, symbolhaft, reduziert bis hin zur Abstraktion, mal flächig, mal filigran, aber doch auch sublim und von fühlbarem Gestaltungswillen getragen. Das große Vorbild Paul Klee ist gegenwärtig, auch die Bildsprachen eines Miro oder Kandinsky klingen an. Schon 1951 aber, nach nur drei Jahren, zerfiel Cobra wieder. Mag sein, dass der Wunsch nach Volkskunst, Einfachheit und der unakademischen Attitüde immer im Konflikt stand damit, vom Publikum doch als Avantgarde wahrgenommen zu werden. Untergründig blieb Cobra präsent und wegweisend, blieben viele der Akteure bedeutende Größen im Kunstgeschehen der Folgezeit.

„Becoming Cobra: Anfänge einer europäischen Kunstbewegung“ – 19.11. bis 5.3., Mannheim, Kunsthalle, Friedrichsplatz 4, geöffnet: Di-So 10-18 Uhr (Mi bis 20 Uhr); Katalog: 29,50 Euro; Info: www.kuma.art

Sonja F. Mancoba: Komposition, 1938.
Sonja F. Mancoba: Komposition, 1938.
Madeleine Kemény-Szemere: „Frau und Vogel“.
Madeleine Kemény-Szemere: »Frau und Vogel«.
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