Online-Kolumne Last-Minute-Geschenke

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Jesus Christus, jetzt hast du bald Geburtstag, und da machen die die Läden zu! Wo doch noch gar nicht alle Geschenke gekauft sind! Das klappt doch sonst schon nie, und jetzt auch noch das! Was, es kommt eh keiner an Weihnachten? Ist doch egal, gibt doch die Post, kann man doch alles verschicken. Und zurückschicken, wenn es nicht gefällt. Und noch mal was Neues verschicken. Die Paketzusteller sind eh am Ende, das kommt´s auf die paar Kilo auch nicht mehr an. Ich stelle ihnen ja auch eine Flasche Schnaps dazu. Oder Schnapspralinen. Oder so.

Dieses Jahr so wertvoll wie noch nie

Womit wir auch schon beim eigentlichen Thema wären: Last-Minute-Geschenkideen, dieses Jahr so wertvoll wie noch nie. Entsprechende Listen gab´s auch schon vor Corona, Lockdown und Co., da schauen wir doch mal nach, was wir unseren Lieben Schönes zukommen lassen können, jetzt wo Present-Shop und Teeladen vorschnell zugemacht haben.

Ein Herz aus Korken vertreibt Kummer und Sorgen

Ein Memory Board aus Weinkorken wird da etwa empfohlen, es handelt sich dabei um eine Art Pinnwand, bei der Korken in Herzform auf einen leeren Bilderrahmen geklebt werden. Darauf kann der Beschenkte dann seine Notizen feststecken, etwa „2021 unbedingt rechtzeitig Weihnachtsgeschenke besorgen!!!!!“. Eine schöne Sache, die auch dem Schenkenden Freude macht, muss er doch erst mal für die benötigten Korken eine entsprechende Anzahl an Weinflaschen leeren und kann endlich das Einhorn-vor-Wasserfall-mit-Elfen-Poster aus dem eigentlich ganz ansehnlichen Rahmen nehmen und letzteren fürs Korkenherz benutzen. Eine Win-Win-Situation würde man so was in der Wirtschaft nennen.

Ein Horn und eine Seele

Was aber tun mit dem Einhorn-Poster? Hier kommt ein zweiter Geschenke-Tipp ins Spiel: das Einhorn-Buchzeichen mit buntem Wollschwanz. Einhorn aufmalen, ausschneiden, laminieren, Schweif aus bunten Wollresten ankleben, et voilà. Laminiergerät hat ja jeder zu Hause, nicht wahr. Wer ein Einhornposter in halbwegs passender Größe hat, kann das Einhorn dort ausschneiden und erspart sich das Malen. Überschreitet das Postereinhorn die übliche Buchgröße, bietet sich Gelegenheit, ein übergroßes Buch aus dem heimischen Regal, das einem vielleicht schon seit längerem ein Dorn im Auge ist, mitzuschenken.

Kissen und Kartoffeln

Noch ein paar Ideen? Ein selbst gestaltetes Kissen kann ebenso für Wärme ums Herz sorgen wie eine Leinwand mit schönem Spruch. Das ist umso persönlicher, je mehr Dekor oder Spruch exakt auf den Beschenkten zugeschnitten sind. Ein dickliches Faultier ist schnell mit einer großen Kartoffel aufs Kissen gedruckt. Etwas länger dauert es „Guten Morgen, wie ich sehe, hat der Auftragskiller versagt“ in Schönschrift auf eine Leinwand zu pinseln. Aber es lohnt sich. „No brain, no pain“ tut´s auch, wenn´s schnell gehen muss.

Neues Zuhause fürs alte Dinkelmehl

Wer sich das alles mit der Kunst nicht so zutraut, greift zum Einmachglas und stellt in diesem eine Backmischung Marke Eigenbau zusammen. Hier finden das im Küchenschrank vergessene Dinkelmehl und das (fast) abgelaufene Backpulver noch mal ein liebevolles, neues Zuhause. Die angebrochene Packung Raspelschokolade draufgeschüttet und ein schönes Bändchen dran – fertig. Eier und Butter bitte draußen lassen, man weiß nicht, wie lange die individuelle Backmischung nach Weihnachten noch beim Beschenkten rumsteht. Zucker darf mit rein oder auch ins selbstgemachte Lippenpeeling, das aus mit Labellomasse vermanschtem Zucker besteht.

Frei nach George Michael

Und weil wir hier gerade bei originellen Ideen sind, denen man überhaupt nicht anmerkt, dass sie aus der Not geboren wurden und die deshalb auch null peinlich sind, hier noch ein umgedichteter Weihnachtsklassiker:

“Last minute your present was made

’cause the very next day it would have been too late

This plate, it’s really homemade

And that’s how it looks like – special!“

Die Autorin

Sigrid Sebald (51) ist seit 2000 RHEINPFALZ-Redakteurin in Zweibrücken, wo sie mit Mann und Tochter auch lebt. Über die Beiträge für die „Zweibrücker Rundschau“ hinaus schreibt sie regelmäßig in der RHEINPFALZ-Sommererzählreihe sowie Weihnachtsgeschichten.

Die Kolumne

Christine Kamm und Sigrid Sebald schreiben abwechselnd in der Online-Kolumne „Ich sehe das ganz anders“ über die großen und kleinen Überraschungen sowie Absurditäten des Alltags.
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