Rheinpfalz Krasser Kosmos – Malerei von David Czupryn [mit Bildergalerie]
„The true artist helps the world by revealing mystic truths: Der wahre Künstler hilft der Welt, indem er mystische Wahrheiten offenbart.“ Man kennt den Lehrsatz – von Bruce Nauman. Der US-amerikanische Künstler hat das ästhetische Mantra zu einer Neonröhren-Schnecke gedreht, die, als modernes Bildzitat, auch durch ein Gemälde David Czupryns kriecht. Oder besser schwebt. „Alternative Lifeforms“ annonciert Czupryns Bildtitel, wobei die alternativen Lebensformen wohl in den drei arcimboldesken Künstlerfiguren zu suchen sind, die dieses bizarre Interieur bevölkern. Links ist, mit konstruktivistisch zerstücktem Kopf und Kubistisches à la Naum Gabo faltend, der Bildhauer zu entdecken. Den Maler, der sich rechts strohhalmig um eine Nierentisch-Etagere wickelt, erkennt man unschwer an Pinsel und Farbenhäufchen. Und das kantig-figürliche Bauklötzchen-Gebilde in der linken Bildhälfte, hinter der Nauman-Spruch-Schnecke, ist durch Nickelbrille und Stifte eindeutig als Grafiker charakterisiert. Die drei wichtigsten Disziplinen kommen also auf dieser gemalten Theaterbühne der Kunst zusammen, die vor seltsamen Dingen nur so überquillt: Von der dekonstruierten Braque-Gitarre bis zum erleuchteten Bonsai reichen die Kunstzitate und „mystischen Wahrheiten“, die Czupryn in nur einem Bild offenbart. Diese überbordende Fantasie, diese wilde Lust am gleichwohl wohlkomponierten Spiel mit unbelebten Dingen aus Baumarktregal und Museumsfundus begeistert ganz unmittelbar an David Czupryns Malerei, die in hervorragender Auswahl in der Darmstädter Kunsthalle zu studieren ist. Hinzu kommt die erstaunlich virtuose Technik, die es dem 1983 Geborenen erlaubt, das gute alte Trompe-l’Œil, die Kunst der Augentäuschung, in eine poppige Ästhetik des 21. Jahrhunderts zu übersetzen: Holzbretter, Marmorfliesen oder Camouflage-Plissees imitiert der Maler, der an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, mit einer Akribie, die verwundert fragen lässt, wie der junge Mann in den vergangenen drei Jahren überhaupt so viele dieser raffinierten Grotesken herstellen konnte. Und natürlich reizt den kundigen Betrachter dieses gewitzte Jonglieren mit kunsthistorischen Verweisen und Zitaten. Manches Czupryn-Tableau wirkt, als hätte sich eine surrealistische Superallianz aus Max Ernst, Yves Tanguy, Salvador Dali und Giorgio de Chirico herbeigelassen, um einen karnevalesken, absurden Krieg im Kinderzimmer zu veranstalten. Oder es wird ein Alexander-Calder-Mobile mit einer „Scream“-Maske zu einem „Stummen Diener“ fusioniert, der Rätsel aufgibt, weil er eher wie ein unheimlicher Tarot-Magier wirkt. Herrlich verrückt! | Kai Scharffenberger
Info David Czupryn: »He She It« – bis 6.1., Darmstadt, Kunsthalle, Steubenplatz 1, geöffnet: Di, Mi, Fr 11-18 Uhr, Do 11-21 Uhr, Sa, So 11-17 Uhr; Info: Telefon 06151 891184, www.kunsthalle-darmstadt.de