Online-Kolumne Mensch und Tier im Gleichschritt

Wander-Esel: Bitte nebendran laufen – nicht draufhocken!
Wander-Esel: Bitte nebendran laufen – nicht draufhocken!

Neulich sah ich einen Wanderer, also, ich denke mal, dass es ein Wanderer war, denn er sah so aus und wirkte so: Outdoor-Klamotten, Rucksack, feste Schuhe, aber kein festes Ziel. Ganz sicher konnte ich mir aber nicht sein, denn ich sah kein Tier in seiner Nähe, nicht mal einen Hund. Guckt man sich Wanderangebote in VHS-Programmen oder Broschüren regionaler Touristik an, scheint die Anwesenheit eines Tiers beim Wandern aber unumgänglich zu sein.

Esel-Wanderungen sind nichts für faule Säcke

„Wandern mit Eseln“ lautet etwa eine Offerte, die es hier schon seit einigen Jahren gibt, und anfangs dachten faule Säcke noch, prima, da hocke ich mich auf den Esel, und der trägt mich dann mit munterem I-Ah durch die pittoreske Südwestpfalz, so macht Wandern Spaß. So geht das aber gar nicht, beim Wandern mit Eseln muss man nach wie vor selbst laufen, nur dass auch noch Esel mitkommen. Ob die vorher gefragt wurden, ob sie überhaupt Lust zum Wandern haben, weiß ich nicht. Sie sind jedenfalls dabei und sorgen für gute Stimmung, und am Ende bekommen alle Mitwanderer ein Esel-Diplom.

Lamaspucke: stinkig, aber harmlos

Die Esel beschweren sich auch nicht weiter, aber der Mensch ist bekanntlich gierig und will immer mehr. Südamerikaner müssen in die Bresche springen, Wandern mit Lamas und Alpakas lautet das neue Ding, was mit dem allgemeinen Trend zu Lamas zusammenhängen könnte, die ja derzeit auch vermehrt auf Kissen, Tassen und Postkarten zu sehen sind. Doch wer auf spaßige Selfies mit Lama-Spucke auf dem Wanderhut hofft, wird meist enttäuscht: Lamas spucken selten Menschen an, sondern eher ihresgleichen, um die Stellung in der Herde klarzumachen. Nur wenn sie allzu sehr genervt werden, kriegt auch mal der Begleitmensch was ab. Was nicht weiter schlimm ist, Lamaspucke stinkt zwar, ist aber harmlos.

Faultiere scheiden aus

Anders kann die Geschichte ausgehen, wandert man mit Eulen durch den Pfälzerwald, denn auch das ist möglich, vielleicht, weil auch Eulen derzeit sehr beliebt sind als Deko-Tiere. Faultiere sind das auch, eine Wanderung mit ihnen scheidet aber aus, die Faultiere lehnen Wanderungen entschieden ab, mit denen könnte man höchstens in den Bäumen abhängen, was gar nicht so unverlockend wäre. Aber darum geht’s ja jetzt nicht.

Vorsicht vor Eulen

Es geht darum, dass ein Freund letzten Sommer mit Eulen wanderte und dabei eine Eule erwischte, die mit der falschen Kralle aufgestanden war. Das Tier war unleidlich (das kommt davon, wenn man nachts nicht schläft), es fand offensichtlich nichts am Wandern und riss so lange an seinem Strick, bis der Strick riss. Die Eule flog davon. Der Eulenwanderführer machte sich Sorgen und hieß den Wanderer, das ihm anvertraute Tier wieder einzufangen. Da die Eule sich nicht am Wanderweg orientierte, trug sich die Suche im Dickicht des Pfälzerwalds zu, wo der mürrische Vogel wieder aufgestöbert wurde. Das ließ seine Laune vollends in den Keller sinken, er stürzte sich wutentbrannt auf den Freund und fügte ihm nicht unerhebliche Kratzer zu. Trotzdem bekam letzterer den Strick zu fassen. Den Rest des Weges hockte die Eule verbittert auf dem zerkratzten Arm und sagte kein Wort mehr. Der Wanderer bekam später vom Arzt eine Tetanus-Spritze verpasst.

Die Kombi macht’s

Passiert das öfter, müssen wohl wieder neue Tiere her, mit denen gewandert werden kann. Die Auswahl ist groß, was spricht zum Beispiel gegen Wandern mit Kühen, den Kühen wird“s egal sein, und auch das Wandern mit possierlichen Mardern könnte das menschliche Dasein bereichern. Oder das Wandern mit Rotwein, auch das gibt’s, wie entsprechende Werbung verrät. „Rotwein-Wanderung rund um xy“ oder ähnlich heißen die Angebote, und von Rotwein bekam meines Wissens bisher noch keiner den Arm zerkratzt. Es scheint eine sichere Wander-Variante zu sein. Die tierische Komponente fehlt hier natürlich, so dass ich gerade an einem Konzept arbeite, das beim Wandern beides vereint, Animalisches und Alkohol. Ich glaube, ich hab’s: eine Eichhörnchen-Eierlikör-Wanderung. Genau. Das wär’s. Wer kommt mit?

x