Meinung Hochmoselbrücke: Nützlicher Stahlriese

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An dem Koloss über der Mosel scheiden sich die Geister. RHEINPFALZ-Redakteurin Karin Dauscher findet die Brücke gut.

Mit dem Brückenschlag geht die Bauzeit des Hochmoselübergangs in ihre letzte und wohl unproblematischste Phase. Für den Fernverkehr ist das ein gutes Signal. Die Tage sind gezählt, an denen sich Autofahrer die Serpentinen zur Mosel erst runter zur Brücke und dann wieder hochschlängeln müssen. Sie freuen sich, ab Herbst 2019 in luftigen 160 Metern Höhe die 1,7 Kilometer lange Hochmoselbrücke zu passieren. Lkw-Fahrer sparen etliche Kilometer an Umwegen. Aber die Menschen in der Region, vor allem in den Brückengemeinden Ürzig und Rachtig, haben nun ständig einen Stahlriesen auf Betonpfeilern vor Augen, der das idyllische Moseltal jäh durchtrennt. Die erbittertsten Gegner werden der Brücke nie etwas abgewinnen können, aber sie sind, und das waren sie schon vor Jahrzehnten, eine Minderheit, auch in der Region selbst. Es sind vor allem Winzer, die um die Güte ihrer Weinlagen im Schatten der Brücke fürchten, und Umweltschützer. Die Gegner zogen gegen die ungeliebte Brücke vor Gericht, verloren aber durch alle Instanzen. Das letzte politische Gefecht wurde vor vier Jahren im Landtag ausgetragen. Zu einer Zeit, als der Brückenbau bereits begonnen hatte, stellte der damalige Chefgeologe des Landes, Harald Ehses, öffentlich in Zweifel, dass die Bodenbeschaffenheit mit Blick auf die Standfestigkeit der Pfeiler ausreichend untersucht worden sei. Schließlich handele es sich an der Mittelmosel um einen Rutschhang. Das damals für die Verkehrspolitik zuständige Innenministerium von Roger Lewentz (SPD) widersprach zwar, am Ende wurden die von Ehses geforderten Untersuchungen dennoch vorgenommen und die Verfahren zur Entwässerung und zur Verankerung der Brücke im Boden wurden nachgebessert. Nach dem Schock von Genua ist es gar nicht hoch genug zu bewerten, dass damals die Standfestigkeit in einem zuletzt transparenten Verfahren noch einmal überprüft worden ist - auch wenn es an der Berufsehre manch eines Ingenieurs gekratzt hat.

Hahn sollte profitieren

Die Bedeutung des Hochmoselübergangs als Teil der vierspurig ausgebauten B50, die die Lücke zwischen der A61 bei Rheinböllen und der A60 bei Wittlich schließt, ist groß für den Gütertransport auf der europäischen West-Ost-Achse. Fast pathetisch schwärmt Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) von der Brücke als „Bekenntnis unseres Landes zum freien Austausch von Waren, zum freien Reiseverkehr, zu einem freien Europa“. Die Investition von 483 Millionen Euro, die bis auf einen Landesanteil von 20 Millionen Euro komplett der Bund bezahlt hat, wurde in früheren Jahren gerne auch mit dem Flughafen Frankfurt Hahn im Hunsrück begründet. Der Hahn als Logistik-Umschlagplatz könne damit an die Nordseehäfen angebunden werden, hieß es. Davon spricht aktuell kein Landespolitiker. Zwar ist der Flughafen durch den Verkauf an die chinesische HNA-Gruppe vor der ansonsten sicheren Insolvenz bewahrt worden, aber trotz der Steigerungsraten im Frachtfluggeschäft ist er von einem großen Mitspieler auf den Warenumschlagplätzen Europas weit entfernt. Immerhin: An der Infrastruktur wird es bald nicht mehr liegen.

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