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Können Omega-3-Fettsäuren vor Alzheimer schützen? Hinweise darauf liefert eine

Studie der Berliner Charité, bei der sich das räumliche Gedächtnis gesunder Senioren verbesserte – zumindest im Test. Wie sich zusätzliches Omega-3 im Alltag auswirkt, muss aber noch überprüft werden.

Es beginnt mit Kleinigkeiten: Erst kann man sich nicht mehr erinnern, worüber man gerade mit dem Nachbarn gesprochen hat, wo der Haustürschlüssel steckt oder wie „Dingsda, du weißt schon“ eigentlich richtig heißt. Später braucht man Hilfe bei alltäglichen Aufgaben wie Einkaufen oder Kochen, vergisst Namen von Partner und Kindern, das eigene Alter oder in welchem Beruf man jahrzehntelang gearbeitet hat. Und irgendwann beschränkt sich die Sprache nur noch auf ein paar Wörter. Rund 1,5 Millionen Deutsche sind laut der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft demenzkrank, zwei Drittel davon leiden an Alzheimer. Jährlich kommen 300.000 Neuerkrankungen hinzu. Bis 2050 könnte die Anzahl der Betroffenen auf 3 Millionen steigen – sofern es keinen Durchbruch bei der Vorsorge und der Behandlung gibt, schätzt die Alzheimer-Gesellschaft. Nadine Külzow von der Charité-Universitätsmedizin in Berlin sucht nach Wegen, wie man Alzheimer vorbeugen kann. Das Tückische an der Krankheit sei, dass sie bereits einsetze, lange bevor sich die ersten Symptome äußern. Mit der Prävention müsse man deshalb früh beginnen, schreiben Külzow und ihr Team in ihrem aktuellen Beitrag im „Journal of Alzheimer’s Disease“ – und die Vorbeugung müsse nicht nur einfach anzuwenden und günstig sein, sondern auch bei längerer Anwendung sicher für den Patienten. Eine Methode, auf die diese Kriterien zutreffen, sei die Ernährungsumstellung beziehungsweise Nahrungsergänzung. In ihrer aktuellen Studie haben Külzow und ihre Kollegen untersucht, wie sich eine erhöhte Aufnahme der mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) auf das Gehirn auswirkt. Frühere Untersuchungen hatten den Fettsäuren bereits positive Effekte auf das Gehirn bescheinigt. Die Berliner Wissenschaftler konzentrierten sich auf einen bestimmten Teil des Gehirn, den Hippocampus, der für das Abspeichern von Erinnerung zuständig ist. Im Alter nimmt diese Fähigkeit ab – eine Entwicklung, die sich bei Demenzkranken beschleunigt. Die nachlassende Gedächtnisleistung hängt auch mit den Nervensystemen im Hippocampus zusammen, die sich im Alter verändern. Die lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren kann der Körper nicht selbst herstellen, man muss sie mitessen. Zum Teil kann der menschliche Körper die pflanzliche alpha-Linolensäure (ALA) in die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA umwandeln – sofern man nicht zu viele Omega-6-Fettsäuren zu sich nimmt. Auf das richtige Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 kommt es an: Das sollte unter 5:1 liegen. Und zu viel Omega-3 sollte man auch nicht essen: Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung sind bis zu 3 Gramm DHA und EPA durch natürliche Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel unbedenklich. Bei höheren Aufnahmemengen, schreibt das BfR in seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2009, kann es zu einem erhöhten Spiegel des „schlechten“ Cholesterins LDL, erhöhter Blutungsneigung und einer Schwächung des Immunsystems kommen. Alpha-Linolensäure steckt zum Beispiel in Lein-, Raps- oder Walnussöl, Omega-3-Fettsäuren sind vor allem in fettreichen Fischen wie Lachs, Makrele, Aal oder Karpfen. Für ihre Untersuchung wählten die Berliner Forscher 44 gesunde Männer und Frauen zwischen 50 und 75 Jahren aus, die keine Anzeichen von Demenz hatten. Ein Teil der Testpersonen nahm sechs Monate lang täglich 2200 Milligramm Omega-3-Fischölkapseln, also eine Menge, die unterhalb des vom BfR empfohlenen Grenzwerts liegt. Die Kontrollgruppe dagegen bekam ein Placebo. Während der Studie wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Ess- und Lebensgewohnheiten nicht zu verändern, also beispielsweise auch nicht mehr Fisch als zuvor zu essen. Vor der Studie und danach mussten die Versuchspersonen zwei Tests absolvieren: Locato und den Auditory Verbal Learning Test, kurz AVLT. Locato misst das räumliche Gedächtnis, das stark von einem funktionierenden Hippocampus abhängt. Die Teilnehmer mussten sich die Lage von 15 Gebäuden auf einer Landkarte einprägen und die Positionen später richtig wiedergeben. Gemessen wurde, wie viele Gebäude richtig lokalisiert wurden und wie viel Zeit man dafür benötigte. Der Sprachtest AVLT dagegen ermittelt, wie gut man sich Wörter merken kann, die man nur zu hören bekommt. Das Ergebnis der Berliner Studie: Beim Locato-Test schnitten die Teilnehmer, die zusätzlich Omega-3-Fettsäuren einnahmen, deutlich besser ab als vor Beginn der Studie – und besser als die Kontrollgruppe, die das Placebo erhielt. Beim Worttest dagegen konnten die Forscher keine auffälligen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ausmachen. Man solle die Resultate nicht überbewerten, warnen die Forscher. Die Locato-Methode sei relativ neu. Zudem sei deren Aussagekraft eingeschränkt wegen der kleinen Versuchsgruppe und dadurch, dass nur gesunde ältere Menschen teilnahmen. Auch wie sich die Einnahme von Fettsäuren im Alltag auswirkt, müsse noch überprüft werden, denn das erfasse die aktuelle Arbeit nicht.

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