Wirtschaft Deutschland investiert wenig ins Bahn-Netz

Deutschland steckt weiterhin deutlich weniger Geld in sein Schienennetz als andere Länder und rangiert im internationalen Vergleich weit hinten. Die Schweiz investierte 2016 pro Einwohner fast sechs Mal mehr.

Das zeigt eine neue Studie der Beratungsfirma SCI Verkehr und des Bündnisses Allianz pro Schiene, dem fast zwei Dutzend Umwelt- und Verkehrsorganisationen angehören. Mit 378 Euro pro Einwohner steckt die Schweiz mit weitem Abstand am meisten Geld in ihr Bahnnetz. Auf Platz zwei folgt Österreich, das im vorigen Jahr 198 Euro pro Einwohner in die Schieneninfrastruktur investierte. In Deutschland waren es nur 64 Euro. Seit Jahren liegt Deutschland im Ländervergleich weit hinten. Daran hat auch die „Investitionsoffensive“ wenig geändert, auf die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gerne verweist. Der Abstand zu Nachbarländern bleibe weiter „schmerzhaft groß“, kritisierte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. So steckt Schweden 170 Euro pro Einwohner in sein Bahnnetz, in den Niederlanden sind es 133 Euro, in Dänemark 136 Euro, in Großbritannien 151 Euro. Nur Frankreich (37 Euro) und Spanien (36 Euro) liegen hinter Deutschland. Bei den Zahlen für Frankreich ist aber zu berücksichtigen, dass die hohen Investitionen für die beiden Anfang Juli eröffneten TGV-Strecken nach Bordeaux und Rennes zum großen Teil nicht in die gestern vorgelegte Statistik eingehen, weil die beiden TGV-Strecken von Privatunternehmen gebaut wurden. Noch immer setze die deutsche Politik bei den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zu sehr auf Straßen und den Autoverkehr anstatt auf die umweltfreundliche Bahn, kritisierte Flege. Österreich stecke 66 Prozent der staatlichen Infrastrukturmittel für den Verkehr in die Schiene und nur noch 34 Prozent in die Straße, in der Schweiz flössen 60 Prozent ins Bahnnetz. Damit förderten beide Alpenländer gezielt die Verkehrsverlagerung hin zur Schiene. In Deutschland seien dagegen 2016 lediglich 47 Prozent der Investitionen ins Bahnnetz, aber 53 Prozent in die Straße geflossen. Mit der besseren Ausstattung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) habe die Bundesregierung aber immerhin eine Trendwende eingeleitet, sagte Flege. Dieser Vertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn (DB) regelt Erhaltungsinvestitionen ins DB-Netz. Auch die Beratungsfirma SCI sieht in Deutschland großen Nachholbedarf – sogar im Vergleich zu China. Die Volksrepublik habe seit 2007 ihre Investitionen pro Kopf für die Bahn von damals nur 15 Euro auf zuletzt 79 Euro systematisch hochgefahren. „Ein topmodernes Eisenbahnnetz wäre auch für Deutschland ein wirtschaftlicher Wachstumsmotor“, betonte SCI-Verkehr-Geschäftsführerin Maria Leenen. Immerhin sei die Botschaft, dass das deutsche Bahnnetz jahrelang dramatisch unterfinanziert war, „bei der Politik endlich angekommen“. Kommentar

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