Wirtschaft Air Berlin ist insolvent

Mit der Pleite von Air Berlin ist die zweitgrößte deutsche Fluglinie am Ende. Das Unternehmen mit noch rund 8000 Beschäftigten stellte gestern beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Flugbetrieb soll aber zunächst ohne Einschränkungen fortgesetzt werden.

„Alle Flüge der Air Berlin und Niki finden weiterhin statt“, teilte das Unternehmen mit. Die Flugpläne und gebuchte Tickets sollen gültig bleiben, Reisen sind weiterhin buchbar. Der erst seit kurzem amtierende Sanierer und Vorstandschef Thomas Winkelmann hofft, im Insolvenzverfahren „das Beste für das Unternehmen, unsere Kunden und Mitarbeiter zu erreichen“. Air Berlin hat dazu bei Gericht ein Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragt. Dabei versuchen ein eingesetzter Verwalter und das Management, binnen einer Frist von drei Monaten eine Lösung zu finden. Erst danach droht die Einstellung des Flugbetriebs. Die Bundesregierung unterstütze Air Berlin mit einem „Brückenkredit“, teilte das Unternehmen mit. Ziel sei, den Flugbetrieb „auch langfristig aufrecht zu erhalten“. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) betonte, mit dem staatlichen Kredit von 150 Millionen Euro werde der vorläufige Weiterbetrieb gesichert. Das Geld fließe durch Einnahmen aus den Flügen wie Steuern und Flughafengebühren wieder zurück in öffentliche Kassen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, man hoffe auf eine Lösung, die möglichst viele Jobs sichere. Branchenexperten räumen der mit mehr als 1,2 Milliarden Euro verschuldeten Air Berlin, die schon seit 2008 in den roten Zahlen fliegt, nach einem gescheiterten Expansionskurs allerdings kaum noch Chancen ein. Die Zerlegung des Unternehmens läuft bereits, die Hälfte der Flotte von ehemals mehr als 140 Fliegern wurde schon an Großaktionär Etihad verkauft und langfristig an die Lufthansa vermietet. Was mit dem Rest geschieht, ist offen. Der deutsche Marktführer will den Umbau des größten deutschen Konkurrenten gemeinsam mit der Bundesregierung unterstützen, wie Lufthansa mitteilte. Damit werde auch gewährleistet, dass die von Air Berlin geleasten Flieger, die von den Lufthansa-Töchtern Eurowings und Austrian Airlines geflogen werden, weiterbetrieben werden können. Zudem will der Konzern Teile von Air Berlin und des Personals ganz übernehmen. Ob die Kartellbehörden erlauben, dass große Konkurrenten Teile von Air Berlin übernehmen, ist jedoch offen. „Diese Prüfungen wird voraussichtlich die EU-Kommission in Brüssel übernehmen“, sagte ein Sprecher des Bundeskartellamts. Bei der Fusionskontrolle werde durchaus berücksichtigt, wenn ein Anbieter komplett aus dem Markt auszuscheiden drohe. Besonders die Start- und Landerechte von Air Berlin gelten als begehrt, weil besonders attraktive Flugzeiten auf vielen Airports ein knappes Gut und hart umkämpft sind. Als Grund für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gibt Air Berlin an, dass Großaktionär Etihad nicht mehr beabsichtigte, das Unternehmen zu unterstützen. Die Staatsfluglinie aus dem arabischen Öl-Emirat Abu Dhabi stieg vor sechs Jahren ein, erwarb knapp ein Drittel der Aktien und hat seither den Fortbestand der verlustreichen Airline mit Finanzspritzen von mehr als 1 Milliarde Euro gesichert. Air Berlin kam dennoch nicht aus den roten Zahlen und flog allein 2016 einen Verlust in der Rekordhöhe von fast 800 Millionen Euro ein. Das Eigenkapital ist längst komplett verbraucht, in der Bilanz klafft eine Finanzlücke von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Die Aktie hat nur noch Ramschwert. Anleger, die beim Börsengang von Air Berlin die Papiere erwarben, haben seither fast ihr gesamtes Geld verloren. Auch Etihad verlor schließlich das Vertrauen, dass die Sanierung gelingen kann. Zumal die Araber auch bei anderen Beteiligungen in Europa wie bei der ebenfalls desolaten Alitalia hohe Summen verloren haben. Die jetzige Entwicklung sei „sehr enttäuschend für alle Parteien“, teilte Etihad mit. Noch im April habe man weitere 250 Millionen Euro zusätzliche Mittel für Air Berlin bereitgestellt. Trotzdem habe sich das Geschäft weiter „rapide verschlechtert“, so Etihad. Auch für Berlin bedeutet die Pleite der Airline einen harten Schlag. Trotz des Schrumpfkurses der letzten Jahre liegt der Marktanteil von Air Berlin auf den Flughäfen Tegel und Schönefeld noch immer bei mehr als 28 Prozent. Kommentar

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