Kultur Südpfalz Zeitreise durch die Jahrhunderte

Bei der Aktion „Die Pfalz liest für den Dom“ stellte die aus Edenkoben stammende und seit langem in St. Martin lebende Autorin Gabriele Weingartner ihr neues Buch „Geisterroman“ am Dienstag im Landesbibliothekszentrum in Speyer vor.

Dieser Roman spiegelt die Begeisterung Weingartners zu Franz Kafka wider. Seit ihrer Jugend setzt sie sich mit Kafkas Werken auseinander und interpretiert diese für sich jedes Mal neu. Die Schriftstellerin koppelt daher die Familiengeschichte der Pro-tagonistin Klara mit der von Kafkas. Hierbei stand die Dringlichkeit im Vordergrund, existenziellen Fragen auf den Grund zu gehen. Die Leser begeben sich auf eine Zeitreise durch die Jahrhunderte, es vermengen sich Sommer und Winter, Gestern und Heute, Mögliches und Unmögliches auf Klaras Reise in einem Zug nach Prag. Dort will sie ihre verstorbene Schwester Solveig abholen. In Klaras Abteil sitzt ein Kafka-Forscher, der in Prag einen Vortrag halten soll. Ob der wohl auch so verlogen ist wie ihre Schwester, fragt sie sich. Ihr fallen die ungeheuerlichsten Lügen Solveigs ein und wie ihre Mutter agierte, um der Lehrerin mit Halbwahrheiten einerseits ihre Tochter nicht bloßzustellen, andererseits die Lehrerin zu überzeugen, dass das gemalte Bild schon der Wahrheit entspräche, jedoch nicht den Angaben von Solveig. Ihre liebe Schwester war auch nicht unschuldig an Klaras gescheiterter Ehe, denn wie ihr Exmann Veit ihr gestand, hatte das Verhältnis schon früh angefangen und sie hätten ziemlich oft miteinander geschlafen. Als dann der Zug plötzlich in einem Blizzard stecken bleibt, vermischt sich sonderbarerweise das Geschehen mit dem Zug, in dem sich Franz Kafka und der skandalumwitterte Psychoanalytiker Otto Gross am 18. Juli 1917 zufällig begegneten, um die „Blätter gegen den Machtwillen“ zu planen. In ihren Vorstellungen sieht sie Soldaten und Offiziere mit hungrigen Augen, die nach Galizien fahren, sie trifft ihren geschiedenen Mann, Menschen in den unterschiedlichen Klassen mit ihren Lebensstilen. Die detaillierten Beschreibungen von Personen und Situationen, verflochten mit einem sehr großen Hintergrundwissen aus Geschichte, Literatur, Musik und Kunst, vermitteln dem Leser ein fast fotografisches Bild. Jedoch gehören eigene Fantasie und kulturelle Kenntnisse zum Verständnis der Erzählung unbedingt dazu.

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