Rheinpfalz Wort für Wort ins neue Leben

Bad Dürkheim. Asylbewerber fit für Alltagssituationen machen, das ist das Ziel eines Männersprachkurses, der seit Sommer im Mehrgenerationenhaus in Bad Dürkheim angeboten wird. Viele Teilnehmer haben Schlimmes in ihrer Heimat erlebt. Ob sich ihr Wunsch nach einer besseren Zukunft in Deutschland erfüllt, ist aber ungewiss.

Puzzleteile liegen auf dem Tisch verstreut, an die Tafel ist eine Art Stammbaum gemalt. Sieben junge Männer aus Eritrea blicken zur Tafel und hören zu, wie ihr Landsmann Salomon seine Familie vorstellt. Einmal stockt er, weiß die Bezeichnung für die Kinder seiner Schwester nicht mehr. „Neffen“ helfen ihm die Kursteilnehmer. Als Salomon fertig ist, bedankt sich Kursleiter Stephan Krämer bei ihm. Seit Juli leitet er zweimal pro Woche einen Deutschkurs am Mehrgenerationenhaus. Zehn Männer aus Eritrea, alle zwischen 20 und 35 Jahre, nehmen daran teil. Darüber reden, weshalb sie aus ihrer Heimat geflohen sind, wollen die jungen Männer nicht. „Alles Politik“, sagen sie auf Englisch, und dass sie aus der Schule rausgeholt wurden. Krämer erklärt später, dass sie wohl unter Zwang zu Kindersoldaten ausgebildet wurden: „Sie haben grässliche Dinge erlebt. Sie können nicht so gut darüber sprechen, weshalb sie hier sind.“ Er will ihnen nicht nur die deutsche Sprache beibringen, sondern auch versuchen, das Vertrauen der Männer zu gewinnen, damit sie sich ihm gegenüber öffnen, beispielsweise indem sie in einer Übung ihre Familie vorstellen sollen. „Ich hoffe, auf diesem Weg etwas zu erfahren“, sagt Krämer. Eine Bezugsperson scheint er für die Asylbewerber schon zu sein. Sie kommen zu ihm, wenn sie Rat suchen. Oft verstehen sie zum Beispiel Briefe von Ämtern nicht. Seit drei bis fünf Monaten sind die Männer in Dürkheim. Ihre Familien haben sie in der Heimat zurückgelassen. Ein Teil der Asylbewerber arbeitet im Mehrgenerationenhaus, mäht beispielsweise den Rasen, gießt Blumen, hilft hier, hilft dort. Weil anfangs die Verständigung ein Problem war, kam im Sommer die Idee auf, einen Deutschkurs im Mehrgenerationenhaus anzubieten, erzählt Jutta Schlothauer, die Koordinatorin der Einrichtung. Dass die jungen Männer mit Alltagssituationen fertig werden, das ist laut Krämer das Ziel des Sprachkurses. Er übt deshalb zum Beispiel mit ihnen das Einkaufen – wenn auch rein theoretisch. Dafür hat er einen Korb voll mit Utensilien in den Kurs gebracht: Essig und Salz, Küchentuch und Seife, Kakao und Tee, Teller und Besteck. Reihum spielen die Männer nun eine Käufer-Verkäufer-Situation nach, fragen nach dem Preis für Paprikapulver und Putzschwämme. Die Atmosphäre ist entspannt, die Asylbewerber sind mit Eifer dabei. Ab und an kritzeln manche von ihnen Vokabeln und Redewendungen in ihre Notizbücher. Eine Packung Seife für 15 Euro? Gelächter allerseits. „Nein, das ist mir zu teuer“, sagt ein junger Mann namens Major und verabschiedet sich von seinem Tischnachbarn. Zuvor aber nimmt er noch ein Puzzleteilchen, dreht es um und sagt den anderen, wie viel Uhr es darauf ist. „Sie sprechen nach kurzer Zeit schon relativ gut“, sagt Krämer, der den Männern meist zuerst auf Deutsch etwas erklärt und es dann auf Englisch wiederholt. Krämer erlebt die Asylbewerber als sehr motiviert und integrationswillig. Der Beweis für seine Worte lässt nicht lange auf sich warten: Als der Kurs vorbei ist, verlassen die Männer den Raum. Einer von ihnen kommt jedoch nach ein paar Sekunden zurück – mit einem Tuch in der Hand, um den Tisch abzuputzen. Die Ungewissheit, ob sich der Traum von einem besseren Leben in Deutschland erfüllt, nagt an den Asylbewerbern. Denn wie es weitergeht mit ihnen, ob es für sie weitergeht in Deutschland, wissen sie nicht. „Wir hatten noch keine Anhörung“, sagt der junge Anday.

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