Kultur Südpfalz „Wir berühren den Ton, der Ton berührt uns“

„Es ist dieses geschmeidige Material, das ganz besondere taktile Erleben im Umgang mit Ton“, das bei Karin Flurer-Brünger so viel schöpferische Energie freisetzt. Die Keramikmeisterin, Förderschullehrerin, Diplompädagogin und Kunstdozentin an der Uni Landau ist auch international gefragte Expertin für Keramik und Künstlerin mit Atelier in Klingenmünster.

Die Kreative, die alles Archaische, Prozessuale und Überraschende in der Kunst liebt, ist eine Menschenfischerin. Wie gut sie begeistern kann war bei ihrem Seminar „Faszination Brennofenbau“ für Studierende der Grundschulpädagogik an der Landauer Uni zu erleben, das jüngst mit einer Feuerperformance auf der Künstlerwiese über die Bühne ging. Wir berühren den Ton, der Ton berührt uns“, weiß Karin Flurer-Brünger aus ihrer 41-jährigen reichen Schaffensphase und langjährigen Unterrichtszeit auch für Kinder. Die grazile energievolle Frau hat seit 1997 einen Lehrauftrag für Keramik am Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst an der Uni Landau, wo ihre kunstpädagogischen Seminare sehr beliebt sind. So auch das jüngste, ein Ausbildungsmodul mit dem Titel „Faszination Ton“, bei dem die angehenden Grundschullehrer seit April Objekte schufen, die sie nun in selbst gebauten Öfen brennen durften. Vor allem durch ihr offenes, gewitztes und experimentierfreudiges Wesen gelingt es der 58-jährigen „Bauleiterin“ gut zu motivieren, was sich bei den Akteuren spiegelt, die sich bei der Aktion bald „selbst wie Kinder fühlen“. Dies zu vermitteln sei gerade bei angehenden Pädagogen wichtig, hebt die Dozentin hervor, die bemängelt, dass das sinnliche, für die Entwicklung von Kindern so förderliche künstlerische Erleben in vielen Schulen noch immer zu kurz komme. Die gebürtige Crailsheimerin, die von Kindesbeinen an gern malte, zeichnete und gestaltete und sich von der kreativen Energie im elterlichen Maschinenbaubetrieb inspiriert fühlte, begeisterte sich auch früh für das Material Ton. Naheliegend durchlief sie eine Ausbildung im Keramikerhandwerk, baute 1985 ihren Meister und eröffnete 1992 in Klingenmünster, wo die Mutter zweier erwachsener Söhne mit ihrem Mann lebt, eine eigene Keramikwerkstatt mit Burgblick und stellt regelmäßig aus. „Wichtiger Teil meiner beruflichen Identität“ ist für Flurer-Brünger seit 76 auch die therapeutische und -pädagogische Arbeit mit Kindern und Erwachsenen mit Ton. So organisiert und leitet sie zahlreiche kunsttherapeutische Projekte auch im Ausland – wie das mit Kindersoldaten im Kongo 2005 – und ist gefragte Expertin auf internationalen Symposien und bei Workshops. Die Künstlerin formschöner, oft minimalistischer Werke, die ihre Arbeiten „gern vom Feuer umspielen lässt“, ist für ihre Arbeiten, die im Kohlenmeiler in Erfweiler intensiv der Glut und den Rauchschwaden ausgesetzt werden, vom Bezirksverband Pfalz für den Pfalzpreis fürs Kunsthandwerk 2014 nominiert. Befeuert fühlten sich auch die Studenten beim praktischen Seminar-Finale „Faszination Brennofenbau“, wo sie mit der Dozentin einen Papierofen und eine Feuerskulptur bauten und in einem Rakuofen brannten. Bei diesem „kontrollierten Abenteuer“ im Umgang mit Ton, Papier, Wasser und Feuer schleppten sie begeistert Material herbei und stampften ein Gemisch aus Tonresten, Sägespänen und vorgebranntem Granulat mit bloßen Füßen zur richtigen plastischen Konsistenz. Julia Krütten, Bitburg, und Sinem Kurtar, Berlin, mochten selbst die spröde „Lehmhaut“ noch an ihren Füßen. Die Gruppe „Papierofen“ konstruierte mit Ziegelsteinen, Zeitungspapier und kleinen Ästen ein Podest mit Gitter, auf dem mit größeren Ästen ein konisches Gebilde entstand, in dem sich Kohle, Holz- und Tonobjekte stapelten. „Zur Farbgebung“, so die Dozentin, „mischen wir Salz und Bananenschalen bei“. Den Zusammenhalt bildete ein Drahtgerüst, über das in wechselseitigen Lagen aus Papier und Tonmatsch ein zwölfschichtiger „Mantel“ gelegt wurde, bevor das Team den mit Brennmaterial gut gefüllten Papierofen zündete, der die Nacht über durchglühte, betreut per Zeltwache. Korrekturen und Lob gab es von der „Bauherrin“ auch beim zweiten Ofen „Feuerskulptur“. Hier war das Fundament eine Keramikplatte auf quadratisch angelegten Backsteinen. Als Brennmaterial dienten Holz und Tannenzapfen. Bei einer solchen Skulptur, vom schlichten Turm bis zum anspruchsvollen Objekt, seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt, erklärte die Dozentin. Und freute sich über das emsige Bauen des Trupps mit armdicken plastischen Tonwülsten und dem kreativen Lücken-Gestalten für die Flammen. Gefestigt wurde das anfangs noch instabile Gebilde mit Draht und Querverstrebungen. Wo mehrere Köche kochen, dürfe man sich „kein Korsett auferlegen“, lachte der Heidelberger Benjamin Weiß über das Machwerk „großer Ameisenhaufen“. Zunächst weniger schweißtreibend ging’s am dritten Standort zu, an dem angehende Kunsterzieher ihre Raku-Objekte brannten. Für diesen Brand war ein Rakuofen nötig, der „nur“ noch aufgestellt, mit Arbeiten bestückt und mit Gas erhitzt werden musste, bevor die glühenden Arbeiten in einem Sandbett mit Hobelspänen geräuchert wurden und das typische, edel-schwarze Craquelée entstand. Die Uni-Künstlerwiese, freute sich die Dozentin, sei „um Mitternacht, als alle drei Öfen glühten“, zum Magneten auch für andere geworden. Abschluss des Moduls, bei dem noch Portfolios erstellt werden müssen, ist Ende September. (hima)

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