Rheinpfalz Werbeträger sogar für Viagra

Sie heißen Streichhölzer, Zündhölzer oder nur „Hölzer“ und „Zündis“ und wurden meistens in Schachteln verkauft, die nur wenige Quadratzentimeter groß sind. Aber als Artikel des täglichen Gebrauchs boten sich ihre Etiketten für Werbung aller Art an. Diesem Thema ist eine Sonderausstellung im Alte-Welt-Museum Nußbach gewidmet.

Streichholzschachteln gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts, aber als Träger von Werbung dienten sie vor allem in der Zeit nach 1945. Seitdem gibt es kaum ein Produkt, dessen Reklame man nicht auf einem der Etiketten findet. Eine eindrucksvolle Auswahl von etwa 1000 Schachteln zeigt jetzt das Museum in Nußbach. Die meisten Exponate stammen von Hans Schmitt aus Winnweiler. Schon als Kind habe er zu sammeln begonnen, erzählt er bei der Eröffnung der Ausstellung. Deshalb hat er regelmäßig am Straßenrand danach gesucht und anschließend mit Kameraden getauscht. Später tauschte Schmitt Streichholzschachteln gegen Plastiktüten oder Briefmarken ein oder wurde auf Flohmärkten fündig. Inzwischen ist seine Sammlung auf rund 5000 Stück angewachsen, die in Kartons verstaut sind. Über die Vorgeschichte der Ausstellung berichtete Thomas Grüne als Vorsitzender des Museums-Fördervereins. Die Idee entstand schon vor einigen Jahren, aber erst musste eine Auswahl getroffen und einzelne Themen festgelegt werden. Anschließend überlegte man, wie sich die Schächtelchen am besten präsentieren lassen. Die Lösung war einfach, aber sehr arbeitsintensiv. Schmitt hat für die einzelnen Vitrinen passende Bretter zugeschnitten, die durch Holzstege aus schmalen Latten unterteilt wurden. So können die Schachteln je nach Größe und Format stabil angeordnet werden. Die oberen Bretter sind in den Vitrinen schräg gestellt, so dass der Besucher die Exponate gut sehen kann. Die Ausstellung bietet ein anschauliches Bild über die Alltagskultur der vergangenen Jahrzehnte. Die Eigenwerbung für „Sicherheitsstreichhölzer“ oder „Welthölzer“ auf älteren Etiketten weckt nostalgische Erinnerungen. Dazu gehört auch, dass einige der Schachteln noch aus Holzfurnier hergestellt wurden, während man später Pappe, Papier oder Kunststoff verwendete. In der ersten Vitrine sind auch Zündholzschachteln aus England, Frankreich, Russland oder den USA zu sehen. Wer bei Streichholzschachteln nur an die traditionellen rechteckigen Formen denkt, wird in der zweiten Vitrine eines Besseren belehrt. Hier kann man unterschiedliche Größen und Formate entdecken, auch runde, trapez- oder prismenförmige Schachteln. Einige größere Schachteln enthalten Schubladen, in denen die Hölzer aufbewahrt wurden. Auch die „Briefchen“ für Zündhölzer fehlen nicht. Sehr aufschlussreich sind die Etiketten, auf denen für Gaststätten geworben wurde. Äußerlich sind sie eher unscheinbar, weil sie meistens nur Namen und Adresse enthalten. Viele der Gaststätten gibt es nicht mehr, so dass die Werbung einen Beitrag zur Heimatgeschichte leistet. Unbegrenzt waren (und sind) die Möglichkeiten, mit Bildern zu werben. Besonders beliebt waren Serien mit Landschaften, berühmten Bauwerken, Tieren oder Pflanzen. Es gab aber auch Schachteln, deren Etiketten Oldtimer oder die Sternbilder von Tierkreiszeichen zeigten. Besonders kreativ waren Unternehmen wie Rewe, A & O, Vivo oder Allianz, die wahrscheinlich eigene Grafiker für die Werbung auf Streichholzschachteln beschäftigten. Hier gab es immer neue Varianten: Sportler der Olympischen Spiele 1972 auf Rewe-Schachteln oder Szenen mit dem berühmten „Vivo-Männchen“. Zahlreiche Bilder demonstrierten auch, warum eine Versicherung notwendig ist („Hoffentlich Allianz versichert“). Sogar für Viagra wurde geworben, während eine andere Schachtel mahnte: „Wer geschlechtskrank ist, muss sofort zum Arzt gehen.“ Schon vor ihrer Eröffnung hat die Ausstellung Resonanz gefunden, weiß Grüne zu berichten. Offensichtlich gibt es viele „Phillumenisten“ (wörtlich: „Freunde des Lichts“), die Streichholzschachteln sammeln. Einige von ihnen haben sich gemeldet und wollen auch mit ihren Schachteln zu der Ausstellung beitragen. Grüne plant deshalb, an einem bestimmten Tag aus weiteren Schachteln ein „Gesamtkunstwerk“ zusammenzustellen.

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