Rheinpfalz Wenn Abwasser nicht in den Kanal fließt

Kann der Rodalber Ludwig Bold das Abwasser zweier Grundstücke in den Kanal leiten oder kann er das nicht? Bold sagt Nein. Die Verbandsgemeinde Rodalben sagt Ja – und erhebt wiederkehrende Beiträge. Dagegen geht Bold vor dem Kreisrechtsausschuss vor.

Wiederkehrenden Beitrag für Abwasser macht die Verbandsgemeinde Rodalben für zwei Grundstücke von Ludwig Bold in Rodalben geltend. Den will er nicht bezahlen, weil er davon ausgeht, das Recht zu haben, das Oberflächenwasser der Grundstücke direkt in den Langenbach abzuleiten. Dorthin leitet auch die Verbandsgemeinde ab. Zudem habe er überhaupt keine Anschlussmöglichkeit an das Kanalnetz, sagt Bold. Hat er, sagt die Verbandsgemeinde, die Bold in dieser Angelegenheit 2013 bereits einmal beim Verwaltungsgericht in Neustadt unterlegen war. Ob er die Anschlussmöglichkeit wirklich hat, muss nun geprüft werden. Zwei Wochen gab der Kreisrechtsausschuss der Verbandsgemeinde für diese technische Prüfung Zeit. Am Ende einer langen Sitzung mit rechtlich sehr komplexen Fragen deutete vieles darauf hin, dass diese Anschlussmöglichkeit nicht besteht. Der Vertreter der Werke, der anfangs erklärt hatte, Spezialist für Abrechnungsfragen, nicht für Technik zu sein, bestätigte am Ende der Verhandlung Bolds Aussage, dass für ein Grundstück erst noch ein Kanalanschluss hergestellt werden müsse. „Ein Stück Kanal, eher ein Hausanschluss“, sagte der Verbandsgemeindevertreter. Genau darauf hatte Bold zu Sitzungsbeginn anhand von Plänen schon verwiesen. Die Frage, ob die Verbandsgemeinde die hohen Kosten für den Kanalbau auf sich nehmen wolle, um dann wiederkehrende Beiträge von ihm zu bekommen, müsse man sich schon stellen. Zumal fraglich ist, ob ihm das überhaupt zumutbar sei. Denn um an einen möglichen Kanal anschließen zu können, müsste Bold eine Hebeanlage einbauen. Teurer Unsinn, steht für Bold fest. Und das nur, um Oberflächenwasser letztlich dorthin abzuleiten, wohin es ohnehin durch Rohre auf seinem Grundstück abgeleitet wird: in den Langenbach. Auch für das zweite Grundstück gibt es keinen Kanalanschluss, erklärte Bold. „Um an den Kanal anschließen zu können, müsste die Landstraße aufgerissen werden“, gab er zu bedenken. Auch diese Problematik wollte der Vertreter der Werke nicht ganz von der Hand weisen. Wenn aktuell keine Anschlussmöglichkeit besteht, dann wäre die Beitragsforderung von etwa 5000 Euro für die Jahre 2009 bis 2012, die strittig ist, sowie die weiteren Beiträge nicht rechtmäßig. Der Kreisrechtsausschussvorsitzende Oliver Minakaran warf dann die Frage auf, ob es rechtlich überhaupt in Ordnung sei, dass Bold sein Oberflächenwasser direkt in den Langenbach ableitet. Hat er eine rechtlich gesicherte Einleiteerlaubnis? Ganz eindeutig ja, steht für Bold und seinen Anwalt fest. So eindeutig ist das nicht, lautet Minakarans Erkenntnis. Und vor diesem Hintergrund werde der gesamte Fall weiter verkompliziert, denn ein Rechtsgrundsatz laute, dass ein Widerspruchsführer nicht schlechter gestellt aus einem Verfahren herauskommen solle, als er in das Verfahren geht. Die Geschichte reicht in die 1960er- Jahre zurück, dem Land Rheinland-Pfalz kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. „Jetzt wird es knifflig“, unterstrich Minakaran. Im August 1969 hatte die damalige Bezirksregierung dem Vater von Ludwig Bold gestattet, eines der jetzt betroffenen Grundstücke zu verrohren, um das Oberflächenwasser direkt in den Bach zu leiten. Allerdings „nur als Ausbaugenehmigung“, nannte Minakaran das Rechercheergebnis. Und zwar deshalb, weil damals illegal eine Erdaufschüttung vorgenommen worden war und man Schaden am Gewässer verhindern wollte. Aus den Akten sei nicht ersichtlich, dass daraus ein Dauerzustand werden sollte. Allerdings sei nicht klar, ob alle Akten gefunden seien. Knifflig ist auch die Geschichte des zweiten Grundstücks, das Bold im Zuge von Geländetauschaktionen erhielt, als die Umgehungsstraße von Rodalben gebaut wurde. Das Land hatte damals den Kanal erneuert, neue Rohre verlegt. „Ich habe mich in Treu und Glauben darauf verlassen, dass mir das Grundstück vom Land ordnungsgemäß überlassen wird. Wenn man selbst dem Land nicht glauben kann, wo kommen wir denn da hin?“, fragte Bold. Problem könnte sein, dass die Einleiteerlaubnis für das Oberflächenwasser rechtlich nur für das Land gilt, das die Umgehungsstraße auch in den Langenbach entwässert. Ob im Planfeststellungsverfahren die Einleiteerlaubnis so geregelt ist, dass auch Bold einleiten darf, ist noch nicht abschließend geklärt. Bolds Anwalt wies eindringlich darauf hin, dass das Land hier einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Rechtlich, merkte Minakaran an, könne das bedeuten, dass Bold sich über ein zivilrechtliches Schadensersatzverfahren Geld vom Land für möglicherweise entstehenden Schaden holen müsste, wenn er von einer gültigen Einleiterlaubnis ausgegangen sei, diese aber nicht vorliege. Minakaran geht davon aus, dass keine gültige Einleiteerlaubnis vorliegt. Eine sehr große Ungerechtigkeit wäre das, konstatierte Bolds Anwalt. Dem widersprach niemand. Gestritten wird in dieser Angelegenheit seit 2013, das Verwaltungsgericht hatte Bold zunächst recht gegeben und erklärt, dass der erste Bescheid der Verbandsgemeinde zu unbestimmt und deshalb nicht wirksam gewesen sei. Nach allem, was er allein in dieser Angelegenheit schon erlebt habe, sagte Bold, brauche sich keine Kommune, keine staatliche Stelle mehr wundern, dass der Bürger sage, das mache er nicht, wenn sie etwas von einem Bürger benötige. In diesen Fällen habe der Bürger auf gut Deutsch, „immer die A-Karte gezogen“, steht für Bold fest. Während die Verbandsgemeinde prüft, ob überhaupt Anschlussmöglichkeiten ans Kanalnetz bestehen – die Grundvoraussetzung, um wiederkehrende Beiträge fordern zu können – wird parallel auch weiter geprüft, ob es eine rechtmäßige Einleiteerlaubnis in den Bach gibt. (add)

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