Rheinpfalz Wenig positive Stimmung in der Stadt

Obermoschel – die kleinste Stadt der Pfalz: Unter diesem Leitspruch ist der Ort mit seinen 1100 Einwohnern bekannt. Doch was idyllisch klingt, ist offenbar alles andere als das. Das haben acht einheimische Stadtraumpioniere während ihrer neunmonatigen Recherche herausgefunden. Die Gruppe präsentierte am Sonntag im evangelischen Gemeindehaus die Ergebnisse ihrer Arbeit.

Mit Bürgerbefragungen und einem Stadtrundgang erkundeten die jungen Leute die Stimmung in ihrer Heimatstadt hinsichtlich Tourismus, Leerstand, Image und Entwicklung erkundet. Die Blütezeit, die Obermoschel von 1890-1932 mit der Eisenbahn erlebte, ist längst Geschichte. Der Verlust einiger Behörden 1960 traf die Kleinstadt ebenfalls hart. Ab 1998 schrumpfte sie weiter: Einkaufsmarkt, Ratskeller und Frisör mussten schließen. Dennoch kann die Stadt punkten: Neben Werkstätten hat Obermoschel zwei Bankfilialen, Metzger und Bäcker, ein Wollgeschäft sowie ein Weingut zu bieten. Auch ein Modehaus und ein Restaurant sowie ein Imbiss sind in der 1100-Seelen-Stadt zu finden. Außerdem Interessant: die Modellbaufreunde, das Radio- sowie das neue Keiper-Museum. Das sind Ergebnisse der Befragung, die die Pioniere präsentierten. Neun Monate lang arbeiteten die Acht in ihrer Freizeit – nach Studium, Schule oder Ausbildung – an ihren Untersuchungen. Geld kam aus dem Leader-Projekt der Region „Donnersberger und Lautrer Land“, weitere Unterstützung von der evangelischen Landeskirche. Mit Hilfe von Ingo Schenk, Referent beim Landesjugendpfarramt, kam Albert Herrenknecht vom Institut „Pro Provincia“ als Projektleiter ins Boot. Mit Pia Linn als örtlicher Projektbetreuerin und Johanna Sauer-Hofmann, Jugendhelferin der protestantischen Jugend Obermoschel, war das Team komplett. In vier Gruppen hatten sich je zwei Beteiligte speziellen Themen gewidmet. Den Auftakt bei der Präsentation machten Melanie Bauer und Maren Bernhard mit ihrer Recherche zum Tourismus. 23 Bürger hatten Rede und Antwort gestanden. Ergebnis: Es gebe zwar in Obermoschel gute Angebote wie Wanderwege, Burg, Weinberge, Altstadt. Doch fehlt den Befragten ein einheitliches Konzept, um die schöne Landschaft zu vermarkten. Ein weiteres Problem: Die Werbeslogans sind nur wenig bekannt. „Wandern, Wein und noch was“, war meist die Antwort auf die Aufforderung, einen zu nennen. Mit dem Spruch „Obermoschel – die kleinste Stadt der Pfalz“ sehen sich die Anwohner am ehesten repräsentiert, sie sehen darin ein Alleinstellungsmerkmal. Knapp 90 Prozent sind der Meinung, dass das Erscheinungsbild der Stadt für Tourismus ein Problem ist. „Man geht durch eine tote Stadt“, so die Reaktion eines Befragten. Zur Frage, welches Image Obermoschel hat, hatten Sophie Keller und Vanessa Birrenbach insgesamt 48 Ober- und Niedermoscheler befragt, um ein „Außen- und Innenbild“ zu entwerfen. Sie fanden heraus, dass die Wenigsten Obermoschel als Stadt bezeichnen würden, da es einfach an städtischem Charakter fehle. Fast 80 Prozent sehen das Image negativ, führten die Pioniere aus. Zusammenhalt, ehrenamtliches Engagement und funktionierende Vereinsstrukturen würden vermisst. Sarah Kluge und Lena Mohr informierten sich über den Gebäude-Leerstand. Dieser wird in der Bevölkerung höher geschätzt, als er ist. Forderung der 19 Befragten: realistische Preise, Instandhaltung der Gebäude und Unterstützung der Eigentümer seitens der Stadt. „Ernüchternd“ nennt Stadtbürgermeister Holger Weirich die Resultate. Überrascht scheint er nicht. Auch nicht davon, dass die Präsentation wenig Resonanz fand: 18 Anwohner konnten die Pioniere für ihre umfangreiche und aufwendige Recherchearbeit in Kooperation mit Fachleuten interessieren. (fisi)

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