Rheinpfalz „Susi“ denkt mit

Kleine Sensoren mit großer Wirkung: Rolf van Lengen (links) und Konstantin Holl zeigen, womit Susi ihre Daten sammelt.
Kleine Sensoren mit großer Wirkung: Rolf van Lengen (links) und Konstantin Holl zeigen, womit Susi ihre Daten sammelt.

„Die Senioren haben immer gern von ihrer ,Susi’ gesprochen“, berichtet Gesamtprojektleiter Rolf van Lengen vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern (IESE). Susi, das steht für SUSI TD: „Sicherheit und Unterstützung für Senioren durch Integration von Technik und Dienstleistung“. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Assistenzsystem, das es Senioren ermöglichen soll, im Alter möglichst lange zuhause wohnen zu können. Das bestehende Pflegesystem haben die Forscher bei ihrer Lösung mit eingebunden. Das Projekt, das das rheinland-pfälzische Ministerium für Soziales, Arbeit und Demografie gefördert hat, lief von 2011 bis 2014 und hat nun den mit 50.000 Euro dotierten Fraunhofer-Preis „Technik für den Menschen“ erhalten. Die Fraunhofer-Gesellschaft zeichnet alle zwei Jahre Projekte für herausragende wissenschaftliche Leistungen mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis „Technik für den Menschen“ aus. Ausgezeichnet werden Forschungen, die dazu beitragen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Mit SUSI TD haben die Forscher eine IT-Plattform entwickelt, die zum einen Aktivitäten des alltäglichen Lebens, zum anderen Situationen akuter Hilflosigkeit erkennt und – je nach Fall – entsprechend reagiert. „Wir haben nirgendwo Kameras aufgebaut“, betont van Lengen. Das sei den Senioren sehr wichtig gewesen. Stattdessen verteilten die Forscher in den 24 Wohnungen der Testpersonen in der Region Trier Sensoren. Neben Bewegungsmeldern zählten dazu funkbasierte Kontaktsensoren, die verzeichneten, wann beispielsweise Schubladen oder der Kühlschrank geöffnet wurden. „Es gibt Studien, die zeigen, dass Senioren nach einem sehr getakteten Rhythmus leben“, sagt van Lengen. Diese Tatsache habe sich das Assistenzsystem zu Nutze gemacht: Aus den Daten, die die Sensoren sammelten, schloss das System auf den Alltag der Senioren. Wann sie frühstückten, wann sie das Bad benutzten, wann sie abends ins Bett gingen. „Susi erwartet bestimmte Handlungen. Gibt es Abweichungen, reagiert es“, bringt es van Lengen auf den Punkt. Über eine Internetleitung war Susi mit Pflegestützpunkten verbunden. Blieb morgens der Kühlschrank zu, wurde der DRK-Hausnotruf informiert. Reagierte der Anwohner nicht auf die Nachfrage des DRK, rückten Leute aus, um bei den Senioren nach dem Rechten zu sehen. Auch schleichende Veränderungen können laut van Lengen erkannt werden und es kann bei den Senioren nachgehakt werden. Bei diesen sensiblen Daten spielt das Thema Sicherheit eine extrem große Rolle. So seien die Daten, die Susi erhoben hat, immer in den Wohnungen geblieben, schildert van Lengen. Habe das System eine Abweichung festgestellt, seien die Daten anonymisiert an den Pflegestützpunkt weitergegeben worden, etwa: „Nr. 133 schläft länger als üblich“, gibt van Lengen ein Beispiel. Erst im Pflegestützpunkt sei die Nummer dem Bewohner zugeordnet worden. Susi habe sehr große Akzeptanz bei den Senioren gefunden, sagt van Lengen. Als IT-Plattform erfüllte Susi für die Senioren noch weitere Funktionen. So wurde jeder Haushalt mit einem Videokommunikationsmodul ausgestattet, über das die Senioren Kontakt zu ihren Angehörigen, aber auch miteinander herstellen konnten. Wichtig sei dabei gewesen, dass die Technik einfach zu handhaben sei, schildert van Lengen. Dazu gehörten unter anderem große Bildschirme, auf denen die Testpersonen über Susi Gedächtnisspiele nutzen konnten. Die Erkenntnisse, die die Forscher mit ihren Partnern bei Susi gesammelt haben, sind teilweise in „Paul“ geflossen, ein Produkt der Firma Cibek. „Paul“ soll Unterstützung in den Bereichen Sicherheit, Kommunikation, Komfort und Dienstleistung bieten, wie die Firma informiert. Aktuell werde „Paul“ im Projekt „Netzwerk gesund und aktiv“ zusammen mit Krankenkassen in 1000 Wohnungen in Hamburg implementiert. Das Folgeprojekt von Susi ist – mit den identischen Partnern – bereits auf den Weg gebracht. Bei „StuDI – Smart Home Technik und Dienstleistung für ein unabhängiges Leben zu Hause“ werde in den nächsten beiden Jahren weiter daran gearbeitet, älteren Menschen ein autarkes Leben zu ermöglichen, sagt Gesamtprojektleiter Konstantin Holl. Dieses Mal soll das Assistenzsystem in 100 Haushalten zum Einsatz kommen. Eine Überlegung sei, haushaltsnahe Dienstleistungen, etwa einen Einkaufsservice, in die Plattform zu integrieren, gibt Holl ein Beispiel, woran die Forscher bei „StuDI“ künftig arbeiten werden.

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