Lokalsport Südpfalz Sportsmänner: Sie nannten ihn Katze – Torhüter Stefan Märtens und seine besten Jahre

Stefan Märtens Mitte der 80er auf dem Hartplatz Rappen.
Stefan Märtens Mitte der 80er auf dem Hartplatz Rappen.

Stefan Märtens war einer der besten Fußball-Torhüter in der Region. Er stand beim Edenkobener Höhenflug in den 1980er-Jahren zwischen den Pfosten, später beim Traditionsverein Südwest Ludwigshafen. Der „Katze“, wie Mitspieler ihn riefen, fehlte eine Kleinigkeit, um den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen.

Wenn Jugendliche auf Bolzplätzen kicken, stellt sich meist einer ins Tor, der nicht so geschickt ist um Umgang mit dem Ball. Bei Stefan Märtens, der in Offenbach wohnt, war es anders: „Ich wollte immer ins Tor. Mir hat es Spaß gemacht, mich in den Dreck zu werfen.“ Damals lebte Märtens in Edenkoben. Er landete bei der SV Edenkoben in der D-Jugend. „In Edenkoben waren schon immer gute Torleute, die sich über die verschiedenen Jahrgänge verteilten“, erzählt er und erinnert sich an Roger Hoffmann und Günter Minges, den späteren Stürmer.

In der C-Jugend übernahm Peter Graf die Mannschaft. „Er hat uns sehr gefördert, aber es gab noch kein spezielles Torwarttraining zu jener Zeit. Aber viel Schusstraining.“

Schülernationalmannschaft

Märtens schaffte den Sprung in die Verbandsauswahl. Und er bekam eine Einladung zu einem Lehrgang mit der Schülernationalmannschaft in Karlsruhe-Schöneck. „Das war ein schönes Erlebnis. Auch die zwei Länderpokalturniere in Duisburg sowie das Abschlussturnier in der A-Jugend unter Verbandstrainer Günter Jansen im italienischen Udine waren toll“, blickt Märtens zurück.

Mit 17 Jahren stieß er zur Edenkobener Männermannschaft in der Bezirksliga. Herbert Lingenfelder machte Platz im Tor und spielte fortan als Libero weiter. Trainer Karl-Heinz Braun förderte Märtens weiter und damit einen Spielertypen wie Gerry Ehrmann: „Ich hatte keinen Gegenspieler, vor dem ich Angst hatte. Die Gegner hatten Respekt vor mir. Wenn ich rauskam, hat es auch mal ,gekleppert'.“

Extrem gute Vorderleute

1,81 Meter groß, brachte Märtens rund 90 Kilogramm Muskeln auf die Waage. Er hatte seine Stärken in der Strafraumbeherrschung. Er konnte sich im Kampf um den Ball Platz verschaffen und die Bälle sicher herunterpflücken. „Ich habe fehlende Körperlänge durch meine Sprungkraft ausgeglichen“, sagt Märtens. „Und ich war reaktionsschnell.“

Märtens lernte auch das Mitspielen, dirigierte lautstark seine Vorderleute, auf die er sich verlassen konnte: „Am Anfang war Herbert Lingenfelder ein ruhender Pol direkt vor mir, auf den ich mich verlassen konnte.“

Mit der SV Edenkoben ging es aufwärts. Die Mannschaft stieg in die Oberliga auf, Märtens Vorderleute wechselten: „Leo Spielberger, Uwe Wolf und Thomas Braun waren schon extrem gut. Das machte das Zusammenspiel für mich leicht“, sagt der heute 57-Jährige, der sich mit der Zeit eine Führungsposition in der Mannschaft erarbeitete und als „letzter echter Edenkobener in der späteren Oberliga-Meistermannschaft“ einen besonderen Status in einer gut funktionierenden Mannschaft hatte. Auch bei seinen weiteren Stationen trug er eigentlich immer die Binde.

1991 zu Ex-Trainer Neues gewechselt

„Wir hatten jedes Jahr Erfolge. Die Aufstiege, Pokalsieg, auf den einen Oberliga-Abstieg folgte sofort wieder der Aufstieg. Dazu konnte ich mit tollen Spielern zusammenspielen: Werner Heck, Jörn Kaminke, Uwe Wolf, Hans-Jürgen Groh. Das Niveau ist immer weiter gestiegen. Es war eine schöne Zeit“, erzählt Märtens. Im DFB-Pokal spielte Edenkoben im August 1989 gegen Saarbrücken und gewann 1:0 durch das Tor von Peter Kobel.

Die für ihn schöne Zeit ging 1991 zu Ende. Märtens kam mit dem damaligen Trainer Thomas Ritter nicht zurecht und wechselte innerhalb der Oberliga zu seinem Ex-Trainer Hans-Günter Neues zu Südwest Ludwigshafen. Später gab es noch Versuche vom SVE-Verantwortlichen Gunther Mees, Märtens wieder nach Edenkoben zurückzuholen. Doch „für mich war das Thema abgeschlossen“.

Mit Ludwigshafen spielte Märtens im riesigen Südweststadion. 1992 ging es um die deutsche Amateur-Meisterschaft gegen Gegner wie TSV Vestenbergsgreuth (heute SpVgg Greuther Fürth), FC Wismut Aue (heute Erzgebirge Aue), SSV Ulm und SpVgg Bad Homburg. Auch wenn am Ende nur 1:7 Punkte und der letzte Platz der Fünfergruppe heraussprangen und Märtens selbst nicht auflaufen konnte: Es hat sich in seiner Erinnerung eingebrannt. Ganz besonders aber: „Die Derbys gegen Edenkoben – da hat es schon gekribbelt.“

Die Sache mit Igli Tare

Stefan Malz, den es später zu Arsenal London und zum 1. FC Kaiserslautern zog, spielte mit Märtens: „Ein außergewöhnlicher Fußballer.“ Und dann erlebte er noch einen Teil einer ganz besonderen Geschichte mit – zumindest die Anfänge.

Von einem Flüchtlingsboot im Ludwigshafener Hafen holte der damalige Trainer und Mitarbeiter des Sozialamtes Walter Pradt 1992 den Albaner Igli Tare ins Team, förderte ihn. „Nie hätte ich gedacht, dass er sich mal so im Profigeschäft etabliert“, sagt Märtens. Tare wurde albanischer Nationalspieler, kam über den Karlsruher SC und Fortuna Düsseldorf nach Kaiserslautern und ist heute Manager bei Lazio Rom.

Meisterschule in Kaiserslautern

Zu jener Zeit lebte Märtens schon in Offenbach. In Kaiserslautern besuchte er die Meisterschule, pendelte zwischen Lautern, Ludwigshafen und der Südpfalz. Vier- bis fünfmal wöchentlich. „Das war schon anstrengend.“ Das war ein Grund, weshalb er sich nach vier Jahren „unter guten Trainern wie Neues und Walter Pradt“ zum 1. FC 08 Haßloch in die Verbandsliga wechselte. Dort blieb der Montageleiter bei einer Herxheimer Fensterbaufirma zwei Jahre.

Trotz weniger Fans bei den Spielen, hatte Märtens Spaß, schätzte das funktionierende Umfeld und eine tolle Kameradschaft. Um Beruf, Familie und Fußball aber noch besser unter einen Hut zu bekommen, entschloss er sich 1997 dazu, zum Landesligisten FSV Offenbach zu wechseln. Dort war er Spieler, später auch Trainer. 2003 folgte er dem Ruf seines Kumpels Michael Zimmer und ging für ein Jahr zum Bezirksligisten VfB Hochstadt: „Es stimmt schon, dass das Publikum dort außergewöhnlich ist. Die sind sehr treu und auch sehr laut. Da geht es richtig rund und das hat mir sehr viel Spaß gemacht.“

2004 noch mal in Edenkoben

2004 dann das Überraschende: Märtens ging noch mal nach Edenkoben und schloss somit seinen Karrierekreis. Bis auf einen Muskelbündelanriss mit rund 40 Jahren war er in seiner Spielerlaufbahn, die nun endete, verletzungsfrei geblieben. Natürlich seien die Aufstiegsspiele mit der SVE der Höhepunkt gewesen, aber jede Station habe ihm Spaß gemacht, sagt Märtens, der offenbar immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

Nach der Karriere stieg er in Edenkoben in die Führung des Vereins ein, der seit 2004 SpVgg Edenkoben heißt. Inzwischen hat er sich vom Fußball zurückgezogen, schaut sich nur noch wenige Spiele an und will auch keine Ämter mehr übernehmen: „Irgendwann merkt man, dass es einem reicht. 40 Jahre Fußball sind genug.“

Beim Edenkobener Rock am Friedensdenkmal sieht er Jahr für Jahr ehemalige Mitspieler, die die Veranstaltung gemeinsam organisieren. Andere Kontakte aus der aktiven Zeit seien dagegen rar.

„Nie so der Ehrgeizling“

Schwer zu beantworten, warum Märtens kein Profi wurde, wo es doch Fachleute gibt, die ihn auf eine Stufe mit dem Ex-FCK-Torwart Michael Serr gestellt haben. „Ich war ja beim Probetraining in Karlsruhe. Aber ich war nie so der Ehrgeizling wie Michael, den ich ja auch kenne. Ich habe es nie so richtig professionell betrieben. Fußball war eben doch mehr Hobby für mich“, sagt der Vater zweier Kinder. Er ist froh, seine Zeit erlebt zu haben: „Ich glaube nicht, dass ich heute mehr Spaß hätte. Und das war mir sehr wichtig.“

2020 zu Hause.
2020 zu Hause.
 1989 im Aufstiegsspiel gegen Unterhaching. Links Manfred Bender.
1989 im Aufstiegsspiel gegen Unterhaching. Links Manfred Bender.
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