Kultur Südpfalz Spielerisch leicht und erregend zugleich

Es war ein großer musikalischer Abend beim Festival Palatia Jazz am Samstag auf Schloss Villa Ludwigshöhe, wo zwei hervorragende Bands aufspielten. Das Anke Helfrich Trio machte den Anfang mit Hardbop vom Feinsten, gefolgt von einer Allstar-Band der Fusion Music: Saxofonist Bill Evans und Gitarrist Mike Stern mit exzellenter Rhythmusgruppe heizten dem Publikum mächtig ein mit kraftvoll rockenden und funkgeladenen Klängen.

Das Trio von Anke Helfrich war mehr als eine Vorband. Die Musik hat Größe, Klasse und internationales Format. Eminent bluesig und knorrig gravierte die Weinheimer Pianistin ihr Tastenspiel, verbiss sich gerne in erregend rhythmisierten Läufen. Dazwischen ließ sie immer wieder elegante Romantik perlen, ornamentreich verspielt wie in „Sehnsucht“, dessen elegische Melodik Henning Sieverts aus seinem Kontrabass wie aus einem Cello herausstrich. Thelonious Monk hat es ihr besonders angetan und dessen bluesig-verquerer Stil lässt Anke Helfrich immer auch in ihren Nummern aufblitzen. Schlagzeuger Dejan Terzic brachte mit seinem wunderbar frei pulsierenden Rhythmen sehr viel Beweglichkeit ins Spiel. Oft waren es facettenreiche polyrhythmische Beats, die er mit der schönsten Schwerelosigkeit auffächelte, immer stark auf seine Kollegen reagierend. Herausragend war Anke Helfrichs Tribute an Martin Luther King. Die vor 51 Jahren gehaltene berühmte Rede des schwarzen Bürgerrechtlers hat sie musikalisch ausgefüllt und erweitert. Der flammende Sprechduktus der Rede hat an sich schon musikalische Kraft und dies pointierte die Pianistin fesselnd dadurch, dass sie unisono dazu spielte mit ihrem Trio. Einen starken Groove gewann dies, hymnische Gesanglichkeit auch, wie in einem Gospelgesang. Die emphatischen Ausrufe von King, die Beschleunigungen und das Innehalten, das alles gewann starke musikalische Sogkraft und Drive. Mit Bill Evans und Mike Stern haben sich zwei Große der Fusion-Music zusammengetan, die beide durch die Schule von Miles Davis gegangen sind, mit dem Großen in den 70er Jahren Rockjazz-Geschichte schrieben. Miles schätzte ihre Virtuosität besonders und eben dies brachten sie auch nun zu starker Wirkung. Knackig einher rasende Neobop-Läufe, von funky rockigem Drive unterlegt, ließen sie erregend aus den Instrumenten laufen. Im fliegenden Nonlegato der eine wie der andere. Freude am virtuos treibenden Rausch war dabei spielbestimmend und mit der erregenden Fahrt, welche die beiden Rhythmusleute aufbauten, ging es von einer Ekstase zur nächsten. Tom Kennedy an der Bassgitarre sorgte mit ebenso prägnant wie virtuos funky Spiel für reichlich Groove. Ebenso wie Dennis Chambers an den drums, der in seinen Soli mit elastisch pulsierender Polyrhythmik, auf die zwei Hände und Füße verteilt, fesselnde Battles in Gang setzte, wie wenn drei Drummer daran beteiligt wären. Ähnlich wie bei Miles Davis sorgten auch hier Tempowechsel für reiche Spannungsmomente. Zwischen treibendem Groove und Beruhigungszonen mit schwebenden Feldern entwickelte sich eine reiche Klangarchitektur. Statisch zwar, aber im Inneren brodelte es immerzu in reicher Dynamik. Die Evans-Nummer „Tit for Tat“, die sehr nach Herbie Hancocks Hit „Rock it“ klang, verfehlte ihre starke Wirkung keineswegs mit ihrer knackigen Funk-Kraft. Immer ging es sehr erregend zur Sache. Kreuz und quer trieb Mike Stern seine bluesigen Läufe, und oft genug wirkte sein Gitarrenspiel so, als würde er einen wilden Hengst reiten und zu bändigen versuchen. Wild aufgebäumte Läufe ließ er rasen und setzte etwas Entspanntes nach mit seiner ruhigen Komposition „Wishing well“, die er bluesig entspannt gestaltete und unisono dazu sang. Aus dem Bebop entwickelte Bill Evans seine funkig pointierte Staccatoläufe, die er mit wirbelnder Virtuosität aus dem Tenor- oder dem Sopransaxofon rasen ließ. Ganz prächtig harmonierte Stern mit Evans. Große Momente, wie sich die beiden die Bälle zuwarfen, spielerisch leicht und erregend zugleich.

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