Kultur Südpfalz Rückkehr der Radikalen

Jeder der Drei für sich ist auch heute noch bekannt. Dass die drei Künstler in den Sechzigerjahren gemeinsame Projekte betrieben und Happenings veranstalteten, steht weniger im öffentlichen Focus. Genau diesen Bereich leuchtet die Ausstellung im ZKM bis zum 9. November aus. Beuys, Brock und Vostell verbindet eine Reihe von Gemeinsamkeiten, zum Beispiel die Ablehnung von Krieg, die Auseinandersetzung mit dem Holocaust, die Einbeziehung des Publikums, die Freude an Provokation und Diskussion. Wolf Vostell gehörte zu den Menschen, die nichts wegwerfen können, was in diesem Fall sehr praktisch ist. Aus seinem Archiv kommen nicht nur Fotografien, die ihn selbst, Beuys und Brock in künstlerischer Aktion oder in lebhafter Diskussion zeigen. Vostell hat offenbar jeden Fresszettel samt original erhaltener Kaffeeflecken und jede flüchtig hingeworfene Skizze aufgehoben. Zusammen mit den oft witzig formulierten Briefen von ihm und seinen Mitstreitern ergibt sich das Bild dreier engagierter Künstlerleben. Bazon Brock zeigte sich auf der Pressekonferenz zur Ausstellung so wortgewaltig wie eh und je. Es sei ihm, Beuys und Vostell darum gegangen, mit ihrer Kunst den Menschen „Instrumente zur Erkenntnis der Welt“ zu geben. Das ZKM Museum für Neue Kunst präsentiert diese Instrumente in einer ungewöhnlich spannenden Ausstellungsarchitektur. Wie Eisschollen ragen weiße Ausstellungswände in den Raum, inspiriert durch Caspar David Friedrichs romantisches Gemälde „Das Eismeer“. Dieses Werk war auch unter dem Titel „Die gescheiterte Hoffnung“ bekannt. Hier steckt wieder ein Bezug zur Ausstellung, denn die Welt, die Beuys, Brock und Vostell mit Furor zum Besseren verändern wollten, hat sich keineswegs so entwickelt wie gewünscht. Für das ZKM ging ein Wunsch in Erfüllung. Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder konnte das Haus „Transmigración II“ erwerben und gleich als integralen Bestandteil der Ausstellung zeigen. Wolf Vostell, in vielen Bereichen ein Vorreiter, band als Erster den Fernsehapparat in seine Kunstwerke ein. Die Leinwand von „Transmigración II“ ist an einer Ecke aufgerissen, so dass man das graue Flimmern des Apparats durch die Lücke sehen kann. Ohne den Kauf dieses Kunstwerks hätte man sich eine ähnliche Arbeit von Vostell aus der Sammlung von Yoko Ono ausgeliehen, scherzte ZKM-Direktor Peter Weibel. An Marcel Duchamp, einer Künstlerikone aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, haben sich Joseph Beuys und Wolf Vostell gemeinsam abgearbeitet. Mit Humor: Von Beuys stammt die Bild gewordene Behauptung „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“ und Vorstell erklärt „Duchamp has qualified the object into art. I have qualified life into art“. Damit wird in aller Deutlichkeit gesagt, dass die Aktionskünstler der Sechzigerjahre noch weit über Duchamps künstlerischen Ansatz hinausgingen. Viele augenzwinkernde Aktionen sind im Museum für Neue Kunst zu finden, etwa die Veralberung eines einschlägigen Boulevardblattes als „Bloom-Zeitung“. Aber Beuys, Brock und Vorstell wollten keineswegs nur spielen. Von Brock stammt eine Installation aus vielen Metern Stacheldraht. Darin hängen Stofffetzen, ein einzelner Schuhe, eine Hose – und Noten. Es ist das Thema von Beethovens „Ode an die Freude“. Der bittere Hintergrund und zugleich der Titel der Arbeit: „Lagerkonzert“. Von der täuschenden Nachkriegsidylle der Fünfzigerjahre distanziert sich die Installation, die an Omas Kaffeekränzchen erinnert. Aber die Kanne, die Tassen, selbst das Obst sind mit Stacheldraht umwickelt. Ein nostalgischer Rückblick auf die Aufbruchstimmung einer anderen Zeit und überraschend Bezüge zu unserer Gegenwart lassen sich in der Schau „Beuys Brock Vostell“ entdecken.

x