Rheinpfalz Preisgekrönte Fusselrolle

Neustadt. Flüchtlingselend, Migration, die Bundeswehr-Reform, der Ukraine-Konflikt und natürlich die Fußball-WM – das sind die Themen, die die deutschen Pressefotografen und Karikaturisten im Jahr 2014 am meisten animiert haben. Diesen Schluss legt zumindest die Auswahl nahe, die die Ausstellung „Rückblende 2014“ von morgen an in der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt zeigt.

Der von der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger bereits zum 31. Mal gemeinsam ausgerichtete „Rückblende“-Wettbewerb ist mit Preisgeldern in Höhe von 18.000 Euro plus Sachpreisen einer der höchstdotierten für Pressefotografen und Karikaturisten in Deutschland. Die Sieger sind diesmal der freie Berliner Fotograf Stefan Boness, dessen Bilder schon in zahlreichen nationalen und internationalen Magazinen und Zeitungen von „Art“ bis „Zeit“ erschienen, und der ebenfalls in Berlin lebende Karikaturist Klaus Stuttmann, der den Preis damit bereits zum fünften Mal verliehen bekommt. Boness erhält 7000 Euro für ein im Kanzleramt durch eine Scheibe aufgenommenes Bild, das eine durch ihr violettes Oberteil farblich herausragende Angela Merkel in Macher-Pose im Kreis schemenhafter Dunkelmänner zeigt. Stuttmann, unter dem Kürzel KS eine der beständigsten Größen der deutschen Karikaturistenszene, erzeichnete sich den mit 5000 Euro dotierten ersten Preis mit einer immer noch hochaktuellen Arbeit, die die Männerfreunde Putin und Schröder Arm in Arm mit Champagner zeigt, wobei der deutsche Ex-Kanzler dem „lupenreinen Demokraten“ im Kreml gut gelaunt erklärt: „Obama hat ihn schon, die EU hat ihn schon – ich finde, jetzt bist du mal dran mit dem Friedensnobelpreis.“ Platz 2 und 3 bei den Fotografen belegten Sebastian Bolesch mit der Aufnahme einer wie ein Strafgefangenenlager in Sibirien wirkenden Ausländerbehörde in Brandenburg und Axel Heimken mit einer heroisch inszenierten Ursula von der Leyen vor einer Transall. Insbesondere bei letzterem Bild kann man sich allerdings schon fragen, was die Juroren hier besonders preiswürdig fanden, denn das Foto ist nur ein Beispiel für eine ganze Reihe von Bildern dieses Jahrgangs, bei denen Politiker mit allen fotografischen Tricks ins rechte Licht gerückt werden – bis hin zu „Homestory-Fotos“, wie dem von FDP-Chef Lindner beim Auto-Schrauben in seiner Garage. Kritischer Fotojournalismus sieht anders aus. Wie es anders geht, zeigt zum Beispiel ein wunderbar komponiertes Bild von Alexander Körner mit afrikanischen Flüchtlingen auf einem Grenzzaun der spanischen Enklave Melilla. Immerhin noch einen Sonderpreis erhielt ein skurriler Schnappschuss, das einen Soldaten des Wachbataillons zeigt, der einem Kameraden vor einem Empfang die Uniform mit Fusselrolle reinigt. Bei den Karikaturisten belegte Martin Erl den zweiten Platz mit Arbeit, die einen Billardtisch zeigt, auf dem eine blaue Kugel mit Aufschrift „A“ das „P“ der FDP so verdrängt, dass AFD übrig bleibt. Wesentlich ausgefeilter ist da der Beitrag, für den Thomas Plassmann den dritten Preis erhielt: Er zeigt einen irritierten Passanten in der S-Bahn, der von zwei Zeitungslesern eingerahmt wird. „Rentenreform kostet 60 Milliarden“ lautet die Schlagzeile auf der einen, „Deutsche für Sterbehilfe“ die auf der anderen Seite.

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