Rheinpfalz Politik: Bürger sollen sich besser vor Hochwasser schützen

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MAINZ. Die Rheinland-Pfälzer müssen mehr tun, um sich gegen die Folgen extremer Wetterlagen zu schützen. Dazu gehören Vorsorge am eigenen Hab und Gut, aber auch die Versicherung der Gebäude gegen sogenannte Elementarschäden. Das forderten übereinstimmend Vertreter der Landesregierung, der Kommunen, der Feuerwehren und ein Wetterexperte gestern in Mainz.

Auf Einladung des Innenministeriums diskutierten rund 100 Kommunalpolitiker und Fachleute die Lehren aus den Unwettern der vergangenen Wochen. Die Bevölkerung brauche „ein Basiswissen für den Umgang mit Naturereignissen“, sagte der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Paul Becker. Dazu zählen seiner Ansicht nach Eigenvorsorge, um das Schadensrisiko durch plötzliche Wasser- und Schlammmassen zu verkleinern. Eine Hilfe sei, wenn sich möglichst viele Leute in den Feuerwehren engagierten. Landesfeuerwehrinspekteur Hans-Peter Plattner sieht zwar die Wehren auch für Unwetter wie in den zurückliegenden Wochen ausreichend gerüstet, nicht jedoch die Bevölkerung: „Manche Bürger müssen Selbst- und Nachbarschaftshilfe noch lernen“, sagte er. Das gelte insbesondere in den Städten. Die Gefahr von Hochwasser nach Starkregen sei vielen Menschen noch nicht bewusst, klagte ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung Donnersberg. Auf vielen Grundstücken hätten im Vorfeld wenig aufwendige Maßnahmen gereicht, um die Wasserschäden nach Starkregen zu mindern. Nach Zahlen der Landesregierung sind nach den sintflutartigen Regenfällen seit Ende Mai landesweit mehr als 30.000 Helfer von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Sanitätsdiensten ausgerückt. Geschätzt werden rund 5000 Schadensfälle. Unbekannt ist, wie hoch die Schäden sind. Todesopfer gab es in Rheinland-Pfalz nicht zu beklagen. Zu den spektakulärsten Wetterextremen zählten Blitzeinschläge beim Musikfestival „Rock am Ring“ in der Eifel mit 71 Verletzten sowie ein Hochwasser in Stromberg im Hunsrück. In der Pfalz kam es unter anderem in Annweiler zu Überschwemmungen. Wahrscheinlich werde es in Zukunft häufiger heftige Niederschläge geben, sagte Wetterexperte Paul Becker. Theoretisch seien Mengen von 400 Litern pro Quadratmeter an nur einem Tag möglich. Die Praktiker warnten, sehr viele Einsätze an vielen Stellen gleichzeitig wie in den vergangenen Wochen könnten die verfügbare Funktechnik überfordern. Beklagt wurde auch ein Mangel an Hubschraubern, um Menschen aus überschwemmten Gebieten zu retten. Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Stromberg, Anke Denker, kritisierte, trotz der vom Land zugesagten 500.000 Euro Direkthilfe würden viele einkommensschwache Hochwasseropfer leer ausgehen. In den Genuss der maximal 2500 Euro Landeshilfe soll nur kommen, wer Unterstützung zum Lebensunterhalt bezieht und wegen Hochwassers von Obdachlosigkeit bedroht ist. Voraussetzungen sind außerdem, dass der jeweilige Kreis die Feststellung eines Extremwetterereignisses beantragt. In der Pfalz hat dies bisher nur der Rhein-Pfalz-Kreis getan. |nob

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