Rheinpfalz Pfeifen älter als Gehäuse, aber beides original Stumm

Ein außerordentliches Gehäuse, würdigt Orgelbaumeister Andreas Schiegnitz (links) das Werk von Johannes Michael Stumm II., das e
Ein außerordentliches Gehäuse, würdigt Orgelbaumeister Andreas Schiegnitz (links) das Werk von Johannes Michael Stumm II., das er gemeinsam mit Schreinermeister Matthias Zierenberg mit viel Fachkenntnis und Respekt vor der Arbeit, die die Orgelbauer 1787 vollendeten, restauriert.

Die Begeisterung ist den Fachleuten anzumerken. Sie hat sich längst auf die Mitglieder der Protestantischen Kirchengemeinde Thaleischweiler übertragen: Die Vorfreude darauf, wenn am 2. Juli erstmals die seit über einem Jahrzehnt verstummte Orgel in der Protestantischen Kirche mit ganz neuem Klang zu hören sein wird, ist groß.

Zurzeit wird die Orgel für 216.000 Euro restauriert, wobei das fast schon ein zu kleines Wort ist. „Etwas Einmaliges wird hier stehen und zu hören sein“, steht für Gero Kaleschke, den Orgel-Fachmann der evangelischen Kirche der Pfalz, fest. Es wird bei dem Instrument sozusagen zu einer Stumm’schen Vereinigung kommen: In das Gehäuse, das in der Werkstatt der Gebrüder Stumm 1787 gebaut wurde, wird ein Orgelwerk aus der gleichen Werkstatt eingebaut, das allerdings bereits 1758 konzipiert wurde. Für die Orgel in der Schloßkapelle Philippsburg (Koblenz), die Teil der Residenz Ehrenbreitstein ist. Bereits 1786 kam die Orgel nach Vallendar, dort war sie bis 1971 zu hören. Mit den jetzt laufenden Arbeiten, zeigte Kaleschke auf, werden viele Umarbeiten an der Orgel in Thaleischweiler-Fröschen beseitigt, die dem Instrument klanglich nicht gut getan hätten. Dem stimmte Orgelbaumeister Andreas Schiegnitz, von der gleichnamigen Orgelbau-Musikwerkstatt aus Albisheim bei Grünstadt, zu. Gemeinsam mit Schreinermeister Matthias Zierenberg baut er die Orgel in neuer Pracht – in der Musikwerkstatt sind bereits intensive Vorarbeiten gelaufen – in der Kirche auf. Es war ein weiter und schwieriger Weg bis zu diesen Momenten. Dass die Orgel überarbeitungswürdig war, weiß man in Thaleischweiler-Fröschen seit den 90er Jahren. Es gründete sich ein Förderverein, der den finanziellen Grundstock legte. Mit Andreas Schiegnitz wurde der passende Orgelbauer gefunden und ihm der Auftrag erteilt. Zwischenzeitlich passierte das, was die Kirche über Jahre intensiv beschäftigte: Es wurden Schäden an der Dachkonstruktion festgestellt, kein Statiker wollte garantieren, dass nichts einstürzt. Die Folge war, dass die Kirche Ende 2008 geschlossen werden musste. Eine Generalsanierung war angesagt (die RHEINPFALZ berichtete). 2011, erinnerte Kaleschke, sei dann die Entscheidung getroffen worden, die Orgel komplett auszubauen, um sie während der Bauphase zu schützen. Nachdem die Kirche renoviert ist, kann nun auch die Orgel zurückkehren. „Mit hellem und klarem Klang, passend zur hellen Kirche“, konstatierte Schiegnitz. Die Orgel selbst hat eine durchaus bewegte Geschichte hinter sich. Als er sie 2008 zum ersten Mal gesehen habe, „war ich regelrecht erschrocken“, bekannte Kaleschke. Denn Überarbeitungen an der Orgel im Laufe der Zeit hatten diese nicht besser gemacht. „Im Gegenteil“, unterstrich Kaleschke, und Schiegnitz bestätigte, „dass wir im Laufe der jetzigen Arbeiten manche Wunde, die vor allem nach 1914 entstanden ist, beseitigt haben“. Die Orgel stammte aus der Werkstatt der Brüder Stumm und hatte 100 Jahre wohl zuverlässig ihren Dienst versehen. Dann sei 1890 eine Bestandsaufnahme gemacht und manches verändert worden. Die Balg-Anlage wurde verstärkt, zwei Register wurden entfernt, ein Register neu eingebaut. Es sei im Lauf der Zeit im Prinzip der gesamte Stumm-Anteil herausgenommen worden und durch Teile der Firma Poppe ersetzt worden. Im Zusammenspiel „kein Meisterstück“, wertete Kaleschke. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg seien die Folgen der Veränderungen an der Orgel deutlich hörbar gewesen. Ein großes Orgelwerk von Bach „hat man nicht mehr spielen können“, bedauerte Kaleschke. Dass nach erfolgter Ausschreibung der Orgelbauarbeiten die Renovierung an der Kirche erhebliche Zeitverzögerungen mit sich brachten, erwies sich als Segen, resümierte Kaleschke. Nun sei genügend Zeit gewesen, zu überlegen, was man mit der Orgel genau machen wolle, und dann sei noch das dazugekommen, was er gerne als „Wunder von Vallendar“ bezeichne. Es wurde ein Original-Stumm-Pfeifenwerk angeboten. Dieses wird nun in die Orgel in Thaleischweiler-Fröschen eingebaut und hat die Einmaligkeit zur Folge, dass in einer Original-Stumm-Orgel ein original Stumm-Pfeifenwerk verbaut ist, das älter ist als das Gehäuse. 19 Register weist die zweimanualige Orgel künftig aus. 1089 Pfeifen werden Schiegnitz und Zierenberg bis zum 2. Juli noch einbauen. Die Proportionen des Gehäuses der Orgel stimmen nun wieder, erläuterte Schiegnitz. Auch eine Reminiszenz an die Poppe-Zeit der Orgel wird es geben. Der Blasebalg sei noch in einem guten Zustand, sei überarbeitet worden und werde weiter verwendet. „Das ermöglicht es, die Orgel ohne Strom zu spielen“, freut sich Schiegnitz. Auf finanzieller Seite konnte Pfarrer Johannes Werle zum Bestandsaufnahmetermin sehr erfreuliche Nachrichten vermelden: „Die Daniel-Theysohn-Stiftung wird die Arbeiten an der Orgel mit 30.000 Euro unterstützen.“ Auch die Ortsgemeinde Thaleischweiler-Fröschen werde sich finanziell beteilige, sagte Bürgermeister Thomas Peifer, der sich mit Werle einig war, dass dieses Projekt auch dazu diene, die Gemeinschaft im Ort zu fördern, weil viele dazu beigetragen hätten, dass die Kirche renoviert werden konnte und nun die Orgel überarbeitet wird. Es gebe noch einen alten Ratsbeschluss aus der Zeit, als die katholische Orgel renoviert wurde. 5000 Euro habe die politische Gemeinde damals dazugegeben, bereits unter der Maßgabe, dass die gleiche Summe auch ausgezahlt werden soll, wenn die Orgel in der Protestantischen Kirche überarbeitet wird. INFO Die Orgel in der protestantischen Kirche Thaleischweiler-Fröschen wird am 2. Juli um 14 Uhr mit einem Festgottesdienst offiziell wieder in Dienst gestellt. Anschließend gibt es einen kleinen Empfang und eine Feier. Um 17 Uhr wird Peter Gortner ein Orgelkonzert spielen. Eine Festschrift wird erstellt.

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