Kultur Südpfalz Per Kopfkino in die Berge

Mit dem „Sterzinger Andachtsjodler“ – Auftakt und schließlich auch Ausklang – ummantelte das „Rennquintett“ stimmungsvoll und mottogetreu die „Alpenländische Weihnacht“, das Programm zur Weihnachtstournee im 30. Jubeljahr des Ensembles, die diesmal für die Region Südpfalz in der protestantischen Kirche Edenkoben startete.

Zwei Flügelhörner, beantwortet von der Harmonika, dann gesungen. Es begann „g’spürig“, und wer die Augen schloss, den entführte die anrührend schlichte, aber unvergleichlich anrührende Musik sogleich magisch ins Kopfkino einer verschneiten alpenländischen Berglandschaft. Und das Publikum von unterhalb der Kalmit ließ sich nicht zweimal bitten, stimmte in der restlos ausverkauften Kirche jodelfreudig und ohne böse Loriot-Hintergedanken ein in den musikalischen Gipfel-Gruß aus dem Land mit den echten Bergen. Und feierte frenetisch den Stargast, den das „Rennquintett“ nach probatem Muster wieder als Shootingstar präsentierte. Robert Neumair, im Brotberuf Mitglied der Trompeten-Formation der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern, präsentierte virtuos und sympathisch uneitel seine spektakulären multitalentierten Fertigkeiten: begnadeter Arrangeur und Filmkomponist, dabei außer auf dem Blasinstrument auch in der Traktur von Harmonika, Akkordeon, Drums und Singstimme genial unterwegs. Die Begegnung mit ihm beschenkte mit sich fast atemlos überschlagenden Eindrücken. Was für ein musikalischer Tausendsassa! Ob er in seinen Arrangements den Klang seiner Bergheimat behutsam zu zeitgemäßem Wandel verhilft, wie im „Vierteljahrhundert 3/4ler“, Maria neu ausgeleuchtet „durch ein Dornwald“ schickt oder auch John Dowland aus dem 16. ins 21. Jahrhundert transferiert – das ist solide Übersetzungsarbeit und hat außerdem Pep und Pointe. Sich an die aberwitzig schweren Violin-Capricen des Virtuositätsfanatikers Nicolo Paganini zu wagen, sie für Blechbläser und Akkordeon einzurichten und als Solist hingebungsvoll ihrem halsbrecherischen Laufkonvolut zu frönen, war schon ein rechtes Husarenstück. Und obendrein bravourös gelungen. Aber jenseits aller Akrobatik: Neumairs Charisma speist sich nicht zuletzt aus seiner ungemein empfindsamen Gestaltungskultur, der stets sorgsamen dynamischen Abstufung, einem sanften Piano-Schmelz, einem regelrechten „Rattenfänger-Ton“. Wie stets waren diese thematisch verankerten Solo-Aktionen eingebunden in ein insgesamt stimmiges, wenn auch diesmal extrem kontrastreiches Gesamtkonzept, das dem „Rennquintett“ gleichfalls genügend Spiel- und Spannungsraum ließ, die eingefleischten Klassik-Liebhaber zu hofieren, ohne die Freunde flotterer weihnachtlicher Rhythmen zu vernachlässigen. Vor allem: Peter Leiner und Uwe Zaiser, Trompeten, Jochen Scheerer, Posaune, Uwe Tessmann, Horn, und Ralf Rudolph, Tuba, musizierten erwartungsgemäß auf ungebrochen exzellentem Spitzenniveau. Antonio Vivaldis Doppelkonzert für zwei Trompeten und Orchester beispielsweise oder – obendrein im Gehen – die Ouvertüre zu Mozarts „Zauberflöte“, den Akteuren jeweils auf den Leib arrangiert von Jürgen Pfiester: Das war hochsensibel gestaltetes Spiel vom artifiziellen Oberliga-Olymp der Blechbläserkunst. Auch Mendelssohn – im Neumair-Arrangement – gab sich die Ehre mit dem himmlischen „Denn er hat seinen Engeln befohlen“. Und schließlich: Der weihnachtliche Kontext wollte bedient sein. Und da hatte Robert Neumair eine fabelhaft spritzige Harmonika-Improvisation parat, aus der die Weihnachtsliederzitate nur so purzelten. Bei der „Jingle-Bells-Suite“ schließlich wandelten die Akteure teils südamerikanisch inspiriert, teils in Musette-Melancholie, Klezmer-Swing und deftiger Oberkrainer-Manier musikalisch einfallsreich durchs Kirchenschiff. Und zwischendurch platzierte Peter Leiner eloquent und kurzweilig seine sorgsam präparierten Texte, Aphorismen um die Begriffswelt „Wandern“ etwa oder das Leben schlechthin; Lebensweisheiten, unumstößlich, und ein Fest für Liebhaber des feinen Schmunzel-Humors. Fazit: Wieder eine gelungene Performance, herzerwärmend und so kurzweilig, dass knapp zwei Stunden vergingen wie ein Wimpernschlag. Info Das Konzert in Bad Bergzabern ist ausverkauft, Karten gibt es noch für 26. Dezember, 17 Uhr, in der Stiftskirche Landau, bei der VR-Bank Südliche Weinstraße, Telefon 06341 55600, sowie im Bürgerbüro Landau.

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