Rheinpfalz Ohne Anzahlung und ohne Quittung

Wegen betrügerischer Edelsteingeschäfte in Höhe von mehreren zehntausend Euro musste sich am Mittwoch ein Ehepaar aus dem westlichen Kreis Kaiserslautern vor dem Amtsgericht Landstuhl verantworten. Der Prozess endete ohne Urteil, weil dem Schöffengericht zu viele Details ungeklärt erschienen.

„Wie Sie erkennen, habe ich für heute noch keine Zeugen geladen“, sagt der Richter zur Eröffnung. „Zumindest einer der beiden Angeklagten hat mir geschrieben, dass er reinen Tisch machen will.“ Erwartungsvoll richten sich alle Augen auf einen 46-Jährigen, der auf der symbolischen „Anklagebank“ zwischen zwei Verteidigern Platz genommen hat. Er nickt heftig. Der Angeklagte ist geboren im brandenburgischen Eberswalde-Finow, hat zu DDR-Zeiten eine Optikerlehre absolviert und anschließend als Soldat bei den Grenztruppen gedient. Dann ging er nach Südwestdeutschland, um hier zu arbeiten. Was ihm allerdings nicht immer auf legalem Wege gelang: Elf Einträge ins Bundeszentralregister markieren seinen Weg im Westen, darunter sind Haftstrafen wegen Diebstahls und Betrugs. Seine langjährige Lebensgefährtin, die mit dem Angeklagten inzwischen verheiratet ist, hat bisher keine Bekanntschaft mit der Strafjustiz gemacht − Die Westpfälzerin scheint sich aus Zuneigung zur Komplizin ihres Ehemanns gemacht zu haben. Der Staatsanwalt wirft der 37-Jährigen vor, einen Unbeteiligten fälschlicherweise einer Straftat beschuldigt zu haben, um ihren Ehemann zu decken. Es geht um Betrug in fünf ziemlich schweren Fällen. Der Angeklagte arbeitete nicht nur als Augenoptiker, sondern war auch im Edelsteingeschäft tätig. Dies bedeutete nach seinen Angaben, dass er zum Beispiel eine Kollektion von wertvollen Opalen bei einem Schmuckhändler in Idar-Oberstein abholte, um sie einem mutmaßlichen Sammler im Schwäbischen anzudienen. In der Regel angeblich ohne Anzahlung beim Eigentümer und ohne Empfangsquittung beim Interessenten. „Eine Vertrauenssache, weil man sich kennt“, so der Nebenerwerbs-Juwelier. Doch fünfmal ist wohl manches schief gelaufen: Da wurden die Edelsteine wohl an den Kunden geliefert und bezahlt, aber das Geld kam nicht beim früheren Eigentümer an. In einem anderen Fall war der Interessent so wählerisch, dass er sich gleich drei Opal-Sortimente vom Angeklagten frei Haus liefern ließ – ohne Quittung. Zwei Lieferungen kamen wegen Nichtgefallens komplett an den Absender zurück. Bei der dritten Marge fehlten ausgerechnet die wertvollsten Steine. Insgesamt beträgt der Schaden, auf dem die ursprünglichen Eigentümer sitzen blieben, mehrere zehntausend Euro. Abgespielt hat sich das Ganze jedoch in einem Milieu, das auf schriftliche Vereinbarungen wohl nicht so großen Wert legt. Der Angeklagte will den Großteil des illegal einbehaltenen Gelds für seine langjährige Spiel- und Drogensucht ausgegeben haben. Als Ursache führt er eine „posttraumatische Belastungsstörung“ an, die er unter anderem als Grenzsoldat erlitten habe: „Mein vorgesetzter Offizier hat sich am 9. November 1989 vor meinen Augen mit seiner Dienstpistole erschossen.“ Erst viel später sei ihm klar geworden, dass er dieses Erlebnis bis heute nicht verarbeitet habe. „Aber jetzt will ich eine spezielle Therapie machen“, fügt er hinzu. Dem Gericht reicht diese Absicht für ein Urteil nicht aus. „Wir müssen zumindest die Frage klären, ob die Taten von vornherein in betrügerischer Absicht begangen wurden“, erläutert der Richter. Dazu sei es nötig, sowohl die Beweismittel zu prüfen als auch mögliche Zeugen der einzelnen Geschäfte zu vernehmen. Das kann allerdings dauern. „Ich schätze, wir sehen uns hier Anfang nächsten Jahres wieder.“ Mit diesen Worten setzte der Vorsitzende die Verhandlung vorläufig aus.

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