Rheinpfalz Neues Alarmnetz wird immer teurer

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Mainz/Landau. Nach dem Piepsen quäkt eine Stimme aus dem kleinen Funk-Empfänger. Per Durchsage erfahren viele Wehrleute in Rheinland-Pfalz, warum sie gleich ausrücken sollen. Doch wer den Text, soeben aus dem Schlaf gerissen, noch gar nicht richtig mitbekommt, muss ohne klare Vorab-Information ins Feuerwehrhaus sprinten. Dabei ginge es komfortabler. Wo die Freiwilligen mit digitaler statt mit analoger Technik zusammengetrommelt werden, erscheinen auf den Anzeigen ihrer Empfänger kurze Textnachrichten. So werden die Retter genauer informiert und können zum Beispiel besser abschätzen, wie dringend der jeweilige Notfall ist. Außerdem versprechen Hersteller, dass es möglich ist, mit dieser Technik zielsicher nur jene Spezialisten anzufunken, die gerade tatsächlich gebraucht werden. Und überhaupt, die moderne Form der Alarmierung gilt als schneller und sicherer. Deshalb soll sie für ganz Rheinland-Pfalz angeschafft werden, übernommen hat diese Aufgabe das Mainzer Innenministerium. Doch damit hat es sich eine Menge Probleme eingebrockt. Was genau los ist, will die CDU heute im Innenausschuss des Landtags erfragen. Und weil dieser Termin ansteht, verweigert das Ministerium Vorab-Auskünfte. Ein Sprecher sagt: „Dem Tagesordnungspunkt – und damit der Unterrichtung des Parlaments – können wir nicht vorgreifen.“ Selbst den ursprünglichen Zeit- und Kostenplan behält er für sich. Nach RHEINPFALZ-Informationen soll es zunächst um etwa zwölf Millionen Euro gegangen sein. Doch im vergangenen Dezember schickte das Innenministerium den kommunalen Spitzenverbänden eine neue Kostenschätzung. Dreimal so teuer sollte das neue System nun werden: 36,2 Millionen Euro, aufzuteilen zwischen Land (13,47 Millionen), Kommunen (14,07) und Krankenkassen (8,66). Auf fünf Seiten lieferte das Ministerium auch gleich mehrere Gründe für den satten Preisanstieg. Einer davon: Zunächst sollten 35.000 Alarm-Empfänger angeschafft werden. Dass so viele nötig seien, hatte das Land aus einer Umfrage unter den Kommunen im Jahr 2010 geschlossen. Doch mittlerweile gibt es eine neue Kalkulation. Sie geht davon aus, dass 50.000 neue Apparate gebraucht werden. Außerdem will die mit dem System-Aufbau beauftragte Schweizer Firma viel mehr Sendemasten aufstellen als anfangs geplant. Um Rheinland-Pfalz lückenlos abzudecken, sollen statt 350 Stationen jetzt 700 nötig sein – unter anderem, weil neue Gebäude den Funkwellen im Weg stehen. Diese Veränderungen treiben nicht nur die Kosten in die Höhe, sondern auch ein im Vergabeverfahren unterlegenes Unternehmen aus Rheinland-Pfalz auf die Barrikaden: Was jetzt geplant werde, sei gar nicht mehr von der ursprünglichen Ausschreibung gedeckt. Die einheimischen Konkurrenten des Schweizer Technik-Anbieters reichten deshalb eine offizielle Rüge ein. Die hat die Vergabekammer als landeseigene Kontrollinstanz Ende Juli abgeschmettert. Doch ein Unternehmen kann in so einem Fall mit einer „sofortigen Beschwerde“ noch einmal nachlegen – und so das ganze Verfahren erneut blockieren. Ob das passiert ist, hat das Innenministerium bislang geheim gehalten. Zeit haben die Auseinandersetzungen jedenfalls schon gekostet, und das spürt zuerst die Südpfalz. Denn die Rettungsleitstelle in Landau soll als erste mit der neuen Technik arbeiten. Tatsächlich wird dort mittlerweile zugleich analog und digital alarmiert. Darauf sind die Wehren in dieser Region auch zusehends angewiesen. Denn die alten, analogen Piepser gehen nach und nach kaputt. Und weil sie ein Auslaufmodell sind, werden sie nicht mehr nachgekauft. Als Ersatz dienen laut Innenministerium daher schon die neuen Geräte. Das soll funktionieren, obwohl sie nach RHEINPFALZ-Informationen bislang noch nicht einmal im offiziellen Probebetrieb sind. Sobald in Landau alles zuverlässig läuft, könnte die alte Südpfalz-Technik einem Mainzer Gedankenspiel zufolge anderswo Lücken stopfen, so nach und nach durchs Land weitergereicht werden. Schließlich werden auch die übrigen Regionen später an die Reihe kommen als ursprünglich gedacht. Andererseits drängt die Zeit, schon aus finanziellen Gründen. Das Innenministerium hat den kommunalen Spitzenverbänden in seinem Brief vom Dezember 2015 geschrieben: Die Kostenschätzung von 36,2 Millionen Euro gilt nur bis Ende 2017. Dauert die Umstellung auf die digitale Alarmierung länger, wird sie demnach noch einmal teurer. Das Innenministerium rechnet nach eigenen Angaben mittlerweile damit, dass sich der Prozess bis Anfang 2019 hinziehen wird. Einwurf

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